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Interview mit Luis DURNWALDER

am 5. April 2013 in Bozen mit Sabine Schweitzer. Transkription Peter Wackerlig

Schweitzer

ich bin seit zwanzig Jahren bin ich jetzt mittlerweile in Wien, also.

Durnwalder

Ja ich mein, aus Ihren, sagen, aus Ihrer Stimme oder aus Ihren Worten, da merkt man echt noch, dass Sie ein bissel mit Südtirol etwas zu tun haben. So eine richtige Wienerin sind Sie noch nicht.

Schweitzer

Na, ich find das eben dann ganz spannend, wenn man dann wieder eine Möglichkeit hat, sich mit Südtirol auseinanderzusetzen.

Durnwalder

Und in Wien, da fallt ma ja auch gar net amoil auf, wenn man auch einen bissel anderen Dialiekt spricht, nicht.

Schweitzer

Nein nicht wirklich, es reden ja alle Dialekt dort, aber ein bissel gewöhnt man sich ihn schon an. Na, ich hab es Ihnen ja schon geschrieben, ich bin vor allem daran interessiert, an den persönlichen Erfahrungen von Ihnen. Also was Kreisky gemacht hat für Südtirol kann man auch ganz gut, mittlerweile gibt es da echt a bissel Literatur dazu, aber diese persönlichen Eindrücke und persönlichen Erfahrungen zu Kreisky, würden mich halt sehr interessieren.

Durnwalder

Sie wissen ja selber, dass das was Kreisky für Südtirol getan hat, immer ein bissel von hoch und tief, auch von verschiedenen Auffassungen und Bewertungen irgendwie bestimmt war. Er war, hat auch immer wieder auch, er war sicher als Staatssekretär über die ganze Angelegenheit Südtirol sehr, sehr interessiert, hat auch eine Freude gehabt, hier eine Lösung herbeizuführen. Hat damals allerdings sicherlich einmal zuerst mit dem Staatsvertrag mehr zu tun gehabt. Und wenn man also, ich sag lei das, so wie ich es gehört hab und selber auch überzeugt bin, dass er letzten Endes dann auch bei den Sechzigerjahren und so weiter, ein bissel in Südtirol auch schon verschiedene Meinungen immer wieder gehört hat. Einerseits die Realis, die nur irgendwie gesagt haben, wir wollen eine Interpretation des Pariser Abkommens, das heißt eine Autonomie, und trotzdem weiß man halt, dass auch die Radikaleren, die ja 1959 dann gesagt haben, wir möchten nicht nur Interpretation der Autonomie haben, des Pariser Abkommens, sondern wir möchten eine Selbstbestimmung haben, dass er dann 1959 nicht gewusst hat, wem soll er eigentlich recht geben, net. Und man weiß ja auch, dass damals auch ein Treffen vom Kerschbaumer und ihm zustande gekommen ist, net, und was genau der Inhalt war, weiß ich nicht. Er hat das auch immer wieder in seinen Verhandlungen, so hab ich den Eindruck, herausgezogen, das war auch beim ersten und dem zweiten Auftritt vor der UNO immer wieder auch gesagt hat, Leute, ich mach euch drauf aufmerksam, wenn nicht, die werden net a Ruh geben, und da wird's noch weitere Anschläge geben. Vor allem dann beim zweiten Mal 1961, da hat man es schon bereits irgendwie gemerkt. Und wie weit er das abgelehnt, oder mit Worten abgelehnt, oder auch mit Herzen, das kann ich nicht sagen. Es ist halt oans, so total unangenehm war's ihm auch nicht. Ich möchte damit nicht sagen, dass er die Leute ein bissel [Schweitzer: Gedrängt hat.] begleitet hat oder ein bissel auch gedrängt hat, aber er hat sich dann eindeutig für die Realis entschieden, dass er gesagt hat, na, es hat keinen Sinn mit Gewalt irgendein Problem zu lösen, und deswegen glaub ich, hat er sich dann immer für autonome Verwaltung und Gesetzgebung entschieden. Er war dann sicher auch ein bissel enttäuscht, dass nichts weitergegangen ist in der ganzen Angelegenheit, dass da die Verhandlungen ins Stocken gekommen sind, und auch die Neunzehnerkommission letztendes halt net gearbeitet hat, aber immerhin dann Ende der Sechzigerjahre, hat doch, da war er der Meinung, man sollte das Ergebnis, damals auch mit Saragat, net, in Paris, man sollte das Ergebnis annehmen. Unsere Leut haben gesagt, ja da ist halt doch, die internationale Absicherung ist nicht drinnen, und die Bilanzgarantie und auch die wirtschaftlichen Zuständigkeiten. Man hat, obwohl er damals wirklich gedrängt hätte, weil er vor allem auch mit Italien net ewig streiten wollte, weil die Österreicher mit der Zeit auch einmal ein bissel, sagen wir, wie soll man denn sagen, sich Gedanken gemacht hat, dass man in die EWG damals eintreten wollte. Und deswegen bin ich überzeugt, dass er schon wollen hat abschließen, und das Kreisky-Saragat Abkommen, das hat er uns auch nie verziehen. Er war der Meinung, das hat man nur gemacht, weil die ÖVP in Nordtirol und auch die SVP Südtirols nicht wollen haben, net, und deswegen hat er uns das eigentlich nie ganz verziehen. Und er hat auch damals, dann ein bissel sagen wir sich abgewandt, und auch, er hat ein bissel Jenny unterstützt, den [???] und Jenny unterstützt bei der Spaltung. Er war jedenfalls ein bissel gekränkt. Allerdings, muss man sagen, später dann als Bundeskanzler war er ja auch dabei, und man muss sagen, dass er eigentlich, sagen wir für das Paket, enorm viel getan hat, und dass Kreisky vom Südtirolpaket nicht wegzudenken ist. Das heißt, er hat das Problem vor allem auf die internationale Ebene gebracht, und auch die Tatsache, dass er dann auch letzten Endes einverstanden gewesen ist auch später noch, dass das Paket auch im Nationalrat in Wien genehmigt wird, das beweist, dass er ... Erstens einmal weil er das Problem vor die UNO gebracht hat, weil die Außenminister immer dann geredet haben, und da kann der Monti oder wer sagen auch was sie wollen, es ist kein interitalienisches Problem, weil's ansteht [???] mit den Außenministern verhandelt, net, er ist ja immer Außenminister gewesen, als er die Verhandlungen selber geführt hat. Erst Jankowitsch später dann hat dann das ihm abgenommen, aber vorher hat er immer als Außenminister das gemacht. Und wenn es eine innerstaatliche Angelegenheit wäre, dann würden ja die Innenminister verhandeln. Und vor allem auch schon die Tatsache, dass es vor die UNO gekommen ist und dass es im Nationalrat genehmigt worden ist, dass die Schutzfunktion übernommen worden ist, das beweist eindeutig, und das ist für uns sehr, sehr wichtig. Ich muss sagen, dass ich mit Kreisky selber, ich bin einige Male zusammengekommen, auch als Landeshauptmann, aber der sagen wir, ein mir gebliebener Eindruck und vor allem an was ich mich immer erinnere, wenn ich in Meran da vorbeifahr, er war in Meran auf Urlaub, da war er schon im Rollstuhl. Und man hat gewusst, dass er schwer krank ist. Und ich wusste, dass er immer noch so irgendwie ein bissel so, wie soll man denn sagen, ein bissel gekränkt ist. Und ich hab ihn, deswegen hab ich mich aufgerafft und bin da zu ihm hinaufgefahren, hab mich zuerst angemeldet um zu sehen, ob er mich überhaupt empfangt. Und er hat mich dann empfangen, und man hat ihn im Rollstuhl heruntergebracht in den Garten, und ich war lange Zeit mit ihm, und hab ihm vor allem gesagt, schau: "Sie sollten wissen, dass auch die jüngere Generation", damals war ich noch jünger "das sehr" er ist ja glaub ich 1973, also 1990 ist er gestorben nachher, 1990 ist er gestorben, ich bin 1989 Landeshauptmann worden mit 48 Jahren damals, und hab gesagt: "Ich möcht Ihnen nur eines sagen, auch die jüngere Generation in Südtirol ist Ihnen dankbar. Und ich möchte Ihnen eines sagen, der Name Kreisky wird auch für uns Jüngere, nicht nur für Magnago, die mit Ihnen direkt immer wieder verhandelt haben, auch von uns immer wieder in Zusammenhang mit der Südtiroler Autonomie gebracht werden." Und wenn man heute eine relativ gute Absicherung haben, dass man wirklich auch als österreichische Minderheit in einem großen Staat überleben können, da muss ich sagen, da muss ich sagen, dass das auch mit sein Verdienst ist .. Und hab ihm wirklich auch gedankt und dann gesagt, er soll sich auch darüber freuen, weil er wirklich, er kann sicher sein, dass wir diese Autonomie auch so verwalten, dass die Bevölkerung es auch zu schätzen weiß. Und ich hab ihm auch gesagt, da kann er auch sicher sein, dass wir keine Politik machen werden gegen die italienische Volksgruppe, sondern dass wir uns bemühen werden, dass auch die italienische Volksgruppe den Wert dieser Autonomie anerkennt. Damals waren die Italiener noch dagegen, und auch in Südtirol. Und ich hab ihm gesagt, wir werden alles tun, dass die italienische Volksgruppe sieht, dass die Autonomie auch für sie da ist, dass für alle, die in Südtirol leben, und dass wir früher oder später, neben einem Gegeneinander und Nebeneinander zu einem Füreinander kommen. Und ich hab so das Gefühl gehabt, dass er so richtig eine Freude gehabt hat. Ich hab auch dann noch einen Brief bekommen, ob er ihn selber geschrieben hat, oder ob er lei unterschrieben hat, das kann ich Ihnen nicht sagen, aber wo er sich noch bedankt hat für dieses Treffen und sich sehr gefreut hat, dass da halt doch irgendwie auch die jüngere Generation das zu schätzen weiß. So gesehen muss ich einfach sagen, Kreisky ist nicht von der Südtirolautonomie, ohne jetzt auf die Parteizugehörigkeit von Politikern einzugehen, ist von der Südtiroler Autonomie nicht wegzudenken. So wie ein Mock nicht wegzudenken ist, so ist auch ein Kreisky nicht wegzudenken. Und ich muss sagen, dass ich das, was er getan hat, wirklich sehr zu schätzen weiß.

Schweitzer

Ich mein, ich bin ja noch einmal eine Generation jünger wahrscheinlich. Was mich interessieren würde, wie war denn das, wie sie das erste Mal mitgekriegt haben, da gibt es dieses Engagement von Kreisky als Außenminister für Südtirol?

Durnwalder

Ich habe in Wien studiert und bin 1962 nach, zum ersten Mal nach Wien gekommen, nicht nur zu studieren sondern überhaupt. Und ich hab mich erst seit 1962 überhaupt ein bissel um die Politik interessiert. Vorher hab ich mich überhaupt nicht interessiert, weder zuhause noch sonst in irgendeiner Form. Mir hat da 1959 oder so, hat mir schon so einer, wenn wir ab und zu im Kloster eine Zeitung lesen haben dürfen, hab ich zum ersten Mal von den Anschlägen gehört und ... Es hat mir schon Eindruck gemacht, auch da von diesem Magnago hab ich da das erste Mal eigentlich richtig Kenntnis genommen, und da auch von dem Kreisky. Mich hat immer imponiert, dass Österreich, obwohl da Grenzen waren, und damals waren es noch Grenzen, trotzdem, obwohl sie sagen, was bringen uns die Südtiroler, nichts, sagen wir materiell, dass sie trotzdem zu Südtirol gestanden sind, und ich habe damals in den Sechzigerjahren, zuerst also als so junger Student, und dann war ich Präsident der Hochschülerschaft, dann hab ich bereits mit ihm auch in Wien sagen wir am Rande zu tun gehabt. Vor allem mit Bobleter damals dem Staatssekretär, der ja immer wieder, weil ich ja Präsident der Südtiroler Hochschülerschaft, zuerst lei Verbindungsmann in Wien und dann Präsident der Hochschülerschaft war, ist er ab und zu zu Vorträgen gekommen, und ich habe ab und zu auch die Möglichkeit gehabt, mit zu ihm zu gehen, und damals auch mit Drimmel, mit, ah, Unterrichtsminister net, und vor allem mit Hofrat, wie hat er geheißen, der Nordtiroler da, da Ministerialrat Riegler, Rieger, Rieger. Da hab ich halt, und da hab ich halt zum ersten Mal so einen Kontakt gefunden, und da hab ich einfach gemerkt, dass man Südtirol wirklich als eine Herzensangelegenheit betrachtet. Weil man hat, vielleicht damals mehr aus Mitleid, und vor allem auch ein bissel, ich will nicht sagen, schlechtes Gewissen, aber letzten Endes muss ich ja sagen, wir waren halt auch bis 1919 Österreicher und wir haben halt auch unsere Großeltern, sind halt auch in den Krieg gezogen für Österreich, und haben ihre schönsten Jahre im Krieg halt verbracht. Und es ist nicht unsere Schuld, dass Österreich den Krieg verspielt hat, und das ist ja auch nicht unsere Schuld, dass Südtirol abgetrennt worden ist. Und deswegen, ein moralisches Anrecht haben wir schon gehabt, net, dass sie uns helfen, weil wir ja die Zwanziger- und Dreißiger- und Vierzigerjahre praktisch überlebt haben, und so wie viele andere die schönsten Jahre im Krieg verbringen, haben wir eigentlich, fast eine ganze Generation verloren. Während andere aufbauen haben können, haben wir praktisch abgebaut, weil wenn du sagst die Option, wenn einer weggeht, dann wird er net vorher investieren, net. Und die Zwanzigerjahre, wenn die Kultur verboten ist, da kann man nicht, da kann man sie halt mehr lieben, aber nicht aufbauen, net, weil man einfach die Strukturen net hat und das Ambiente nicht hat, aber man bekennt sich dazu und schätzt das mehr vielleicht, net. Und deswegen, da war für mich das schon ein Erlebnis, dass ich gesehen hab, die Österreicher stellen Studienstipendien bereit. Ich hätt nie können studieren, wir waren zu haus elf Kinder, können Sie sich vorstellen am Bergbauernhof, wenn man nicht auch ein Stipendium kriegert, einmal aus Vorarlberg, einmal von der Steiermark, von der Stadt Wien und so weiter. Wir haben auch, wir sind den Österreichern gleichgestellt worden was die Studiengebühren anbelangt. Das ist nicht alles so selbstverständlich, und das hat die Regierung, und hat auch die Kreiskyregierung gemacht. Was mir ja sehr gefallen hat immer, dass Südtirol ein inner-, sagen wir interparteiliches Problem war. Und zwar dass man nie einen Unterschied gemerkt hat, ob jemand jetzt der Partei oder der anderen Partei, SPÖ oder ÖVP oder FPÖ sagen wir angehört hat, sondern dass alle Parteien gesagt haben, das lassen wir draußen, da setz ma uns ein. Und drittens, dass sie immer irgendwie die Südtiroler, die Mehrheit der Südtiroler, ich sag jetzt nicht Südtiroler Volkspartei, weil die Südtiroler Volkspartei hat halt die 50 oder 60 Prozent damals gehabt, und deswegen hat man immer auf diese Partei gehört, weil Kreisky hätt auch sagen können, ja da ist der Jenny jetzt, net, und wir möchten, dass der auch angehört wird, oder später dann die verschiedenen Parteien, ganz gleich ob es die Südtiroler Freiheitlichen, die heutigen Südtiroler Freiheitlichen, Klotz und Co waren, oder ob es die Freiheitlichen waren, man hätte auch sagen können, jetzt ist nicht mehr die Südtiroler Volkspartei allein, aber man hat sich immer da auch auf die Südtiroler selbst berufen, hat gesagt, wie immer die Partei heißt, welche Parteiausrichtung sie hat, es ist halt die Vertretung der Südtiroler, weil sie halt diese Mehrheiten hat. Und eine Sammelpartei hat immer auch parteimäßig Verbindung mit den verschiedenen orientierten oder aufgeteilten Parteien in Österreich gehabt, net. Wir haben immer auch mit der SPÖ und so mit der ÖVP und mit den Freiheitlichen, weil wir in der Partei ja alles drinnen haben. Und ich muss sagen, dass mir das sehr imponiert hat, und vor allem wenn man gesehen hat, weil dann bin ich ja selber in die Politik 1973 hineingekommen, und hab auch gemerkt, und damals hab ich ja auch nachher Kontakte mit den einzelnen Vertretern gehabt, vor allem auch beim Abschluss des Paketes war ich ja bereits Landeshauptmann, und da muss ich sagen, wir haben immer gesagt, diesen Mock, den müsste man heilig sprechen, net, weil was der damals miterlebt hat mit uns Südtirolern, das ist direkt oft einmal unverständlich. Weil da haben wir jeden Tag, haben wir wieder eine neue Forderung gestellt, und das muss noch erfüllt werden, weil da irgendwo ein Ortsobmann oder ein Bezirk etwas verlangt hat. Und dann hat man das auch noch hineinbringen wollen und hat gesagt, na, das müssen Sie auch noch schauen und so weiter. Das heißt, wir waren nicht unbedingt leichte Partner [???].

Schweitzer

Was waren denn da ungefähr die unterschiedlichen Forderungen, die dann nachträglich noch eingebracht worden sind? Da kenn ich mich einfach überhaupt nicht aus.

Durnwalder

Ja eine ganze Menge, eine ganze Menge. Die Ausrichtung Koordinierungsbefugnis, das heißt, dass Rom uns nicht sagen kann in welche Richtlinien wir gehen müssen bei unserer Politik, sondern dass wir in unserer Gesetzgebung nur die italienische Verfassung und die EU-Richtlinien einhalten müssen, oder auch die Finanzverhandlungen, die immer wieder auch da gewesen sind. Dann die Interpretation, die Fußnoten und so weiter, die Auslegung, dann weitere Zuständigkeiten, Wasserkonzessionen, die Staatsstraßen und Universität, da haben wir ja auch lang verhandelt und so weiter. Das sind alles Dinge gewesen, die eigentlich im Paket nicht drinnen waren, sondern das alles nachher später noch dazugekommen ist. Aber wir haben es beim Abschluss des Paketes teilweise schon so angemerkt, dass man wenigstens den Fuß in der Tür gehabt haben. Und da haben wir halt immer wieder halt, trotzdem, es ist lang verhandelt worden, aber trotzdem ist es dann gegangen, net.

Schweitzer

Sie haben gesagt, was Sie so beeindruckt hat an dieser österreichischen Politik, war dieses Interparteiliche, also quasi dass die ÖVP und die SPÖ ähnliche Interessen vertreten haben und so was.

Durnwalder

Ja, wir haben damals mit allen mehr oder weniger, wir waren mit, mit einem Klaus die gleichen Verbindungen gehabt wie später, net, so wie als mit einem Waldheim als Außenminister oder mit dem Jankowitsch als Außenminister oder, wie hat er geheißen der Wiener Bürgermeister und Außenminister, der Gratz. Nein, wir haben relativ, die Unterrichtsminister haben auch sehr enge Kontakte gehabt, ganz gleich ob er der Bürgermeister von Wien, da, da [Schweitzer: Zilk.] Zilk, net, da haben wir ja sehr enge Kontakte gehabt, oder später mit dem ding, mit dem Sinowatz als Unterrichtsminister aber auch als Bundeskanzler, auch wenn sie bei der SPÖ gewesen sind, net. Sie sind oft einmal gleich gut zu uns gestanden wie halt unsere, halt wie die ÖVP oder die FPÖ auch, da haben wir auch Leute gehabt. Die FPÖ hat unverständlicher Weise zwar damals nicht für den Abschluss des Paketes gestimmt, weil damals der gute, ding, der Jörg Haider, net, der hat gesagt, das ist zu wenig, aber das kann man nimmer sagen, wenn es zu einem Abschluss kommt, das ist zu wenig.

Schweitzer

Aber wie würden Sie das jetzt einschätzen für heute? Also ist das immer noch so, oder, als dieses Interparteiliche, dass sie bei allen Parteien ...

Durnwalder

Heute würden wir uns, wir haben auch diese Südtirolkontaktgespräche, sind in letzter Zeit, haben sie nicht mehr stattgefunden, die waren früher mit allen Parteien bis vor drei, vier Jahren, net. Es ist immer so gewesen, dass wir nach Wien gekommen sind, und alle Parteien irgendwie informiert haben. Das ist in letzter Zeit ausgeblieben, wahrscheinlich auch deswegen, weil man sagt, erstens einmal das ist nicht mehr so aktuell, und heute mit dem ganzen Telekommunikationswesen, da hast du das nicht mehr so unbedingt notwendig, aber zweitens auch, weil die Grünen dann halt auch dann wahrscheinlich gesagt haben, warum soll eigentlich lei die SVP angehört werden. Und vor allem die Freiheitlichen, ja wir haben eine relativ starke Partei auch in Südtirol, die Liberalen, net, und Freiheitlichen, und deswegen sollten sie halt auch angehört werden. Und deswegen haben wir das nimmer gemacht, aber die bilateralen Verhandlungen oder Treffen sind ja eh immer. Ein, zwei Mal im Jahr fahren wir nach Wien und informieren den Bundespräsidenten und den Bundeskanzler und den Vizekanzler und Außenminister, weil wir der Meinung sind, das gehört sich halt. Wir haben auch, sagen wir, ich hab selber auch beim Bundesrat einmal einen Vortrag gehalten vor einem Jahr, wo ich halt auch die Sache erklärt hab und so weiter. Und auch im Parlament, im Nationalrat, das erste Mal, dass da alle drei Landeshauptleute von Nordtirol, also Bundesland Tirol, und aus dem Trentino und aus Südtirol da geredet haben, net, das ist ja auch nicht eine Selbstverständlichkeit.

Schweitzer

Ja, das ist schon eindrücklich, ja, auf jeden Fall. Was mich auch noch interessieren würde ist, Sie haben eben erzählt, in den Sechzigerjahren haben Sie in Wien studiert, und diese Gleichstellung, das ist ja eigentlich erst ein bissel später dann verabschiedet worden.

Durnwalder

Also ich hab das immer, sagen wir es ist in der Praxis jedenfalls, dass Südtiroler und die Kanaltaler, die deutschsprachigen und die ladinischsprachigen gleich gestellt worden sind. Ich glaube es wäre jetzt auch die Zeit gekommen, dass man die Italiener auch hinein nehmen müsste, weil ich der Meinung bin, ah, früher war ein Italiener in Südtirol, der ist Sizilianer und Neapolitaner und Sarde geblieben, weil er ja die Familie und die Verwandten und meistens auch noch ein Häusel dort gehabt hat. Und wenn man den gefragt hat, wo er in Urlaub geht, dann hat er gesagt nach Hause. Das heißt, er war immer Sarde. Jetzt, und deswegen hat man sie damals nicht als Südtiroler betrachtet. Heute muss man sagen, dass die Italiener erstens einmal den Wert des Paketes auch für sich entsprechend verstanden haben, und zweitens, was soll ein Südtiroler, der von einem früheren Sarden abstammt, in Südtirol aber geboren ist, der in Südtirol die Schule besucht hat, in Südtirol einen Arbeitsplatz hat, vielfach auch deutsch kann, was soll er eigentlich sein. Er ist kein Sarde mehr, er ist ein Südtiroler italienischer Muttersprache. Und mir kommt es halt ab und zu ein bissel grausam vor, wenn man in Wien oder in Innsbruck, wo ja sehr viele sind, so über 4.000 Südtiroler dort studieren, sagen, da sind zwei, die beide in Bruneck ansässig sind. Der eine, weil er deutsch spricht, der bekommt das, und dann ist noch ein Ladiner, der aus dem Gardatal herauskommt und ding, der kriegt es auch, und der dritte, der was in Bruneck wohnt und seine Eltern dort arbeiten, der kriegt es nicht. Oft einmal, weil es machert nicht viel aus, und deswegen sollte man heute sagen, es gibt drei, sagen wir einmal, Arten von Südtirolern, die hat es ja damals auch gegeben, net, weil Kreisky hat immer gesagt, man muss ein bissel aufpassen, weil es sind ja über 50.000 Südtiroler italienischer Muttersprache, damals hat's halt einfach geheißen, Italiener, die in Südtirol leben, und das muss man halt auch berücksichtigen, wenn man von Selbstbestimmungsrecht redet oder irgendwie bei, bei schärferen Gangarten, net.

Schweitzer

Aber wie war das jetzt für Sie, wie Sie in Wien studiert haben, und Sie haben irgendjemand erzählt, i kimm aus Südtirol? Wie haben denn die Leut ...

Durnwalder

Damals war es so, das Südtirolbild hat sich in Wien und in Österreich insgesamt total geändert, net, und zwar auch in Nordtirol. Wir waren früher die armen Schlucker, also ungefähr, denen man helfen muss. Und man hat damals, wenn du Südtiroler warst, hat man Mitleid gehabt und hat das fast so ungefähr, einen Zwanzig-Schilling Schein in die Hand gedruckt, net, weil der arme Südtiroler. Und wir waren damals arm, wir haben wirklich nichts gehabt. Wir sind halt nach Österreich studieren gegangen, weil man erstens einmal nicht so viel italienisch gekonnt hat, und weil man halt wollen hat, im deutschen Sprachraum irgendwie studieren. Man hat eigentlich damals gewisse Vorteile gehabt, die nicht immer schön ausgenutzt worden sind, sondern die wir oft einmal, da sind Dinge passiert, net, die mit Südtirol oder mit dem arm sein auch sich irgendwie Vorteile herausgeholt haben. Und das hat dann nicht immer dann dazu beigetragen, dass die Südtiroler gern gesehen waren, gewesen sein, net, weil es manche übertrieben haben. Aber sonst, muss ich sagen, damals war das. Dann ist es so gewesen, dass durch das Paket und so weiter, wir einmal wir in einer so komischen Situation hineingekommen sind, wo man nicht gewusst hat, soll man ihnen noch helfen, soll man ihnen net helfen, weil wir haben früher auch viel Geld auch gekriegt in Südtirol da, beim Bau von Sportstätten, Bau von Kindergärten, auch was die kulturelle Tätigkeit anbelangt, ich kann mir vorstellen, Riegler und so weiter, Riegler hat er geheißen [Nein Rieger. P. W.], die haben uns damals viel Geld gegeben, und auch die Stadelmayer in Innsbruck und auch die Regierung in Innsbruck und auch in Wien und so weiter, wir haben viel Geld gekriegt. Und da hat es dann eigene Kommissionen gegeben, Ausschüsse gegeben, net, die über das Geld aus den verschiedenen Ministerien auch verfügt haben und so weiter. Und dann ist es so gewesen, dass man langsam, langsam gesehen hat, eigentlich den Südtirolern geht's mit der neuen Autonomie nicht schlecht. Und dann ist einmal zuerst einmal so ein Abwartestand kemman, und dann eher einmal ein bissel eine negative Stimmung: Denen geht's eh besser wie mir, aber die haben das Fechten und sich so Aufführen noch nie vergessen, und dann ist es unsympathisch worden, net. Weil es geheißen hat, ja was wollts denn ihr eigentlich. Und dann haben wir offiziell auch als Südtiroler gesagt, wir brauchen kein Geld, wir haben das Geld selber, und arme Leute gibt's in Österreich auch. Geld geben ist nicht mehr gerechtfertigt, also Geld fordern ist nicht mehr gerechtfertigt. Und das haben wir bei der Stillen Hilfe gesagt, das haben wir bei der kulturellen [?Hilfe] Südtirol gesagt, das haben wir auch den verschiedenen Stellen in Österreich gesagt. Natürlich gibt es immer dann wieder Austausch, das der eine das bringt und der eine das andere bringt und so weiter, das gibt es auch heute noch, wenn zum Beispiel da Bücherausstellungen sind, dass das Bundesministerium dann sagt, lass ma die da oder irgend etwas, aber das sind dann Kleinigkeiten. Aber umgekehrt bringen wir, fahren wir halt auch mit unseren Musikkapellen oder mit unseren Theatergruppen ausse. Das heißt, es ist etwas ganz normales geworden, es ist einfach vieles, was vorher irgendwie ein bissel so, wie soll ich sagen, mit Tränendrüsen gemacht worden ist, ist nachher als normal hingestellt worden. Und deswegen hat sich das Südtirolbild, zuerst ein bissel von Mitleid, und dann danach beneidet, jetzt irgendwie, wie soll man denn sagen, als, auf normaler Ebene, als normal entwickelt. Heute ist es einfach so, dass man unter Partnern ist, dass man weder bemitleidet werden will noch beneidet werden will. Weil wenn wir den doppelten Haushalt von Nordtirol haben, dann sollen die Nordtiroler, sagen halt oft einmal, ja verdammte Geschichte, euch geht's eh viel besser. Ja man kann das nicht vergleichen, weil die Nordtiroler kriegen vom Bund noch, wir kriegen vom Bund nichts mehr. Und wir haben eine Zeit lang großen Nachholbedarf gehabt und so weiter. Das heißt also, es ist jetzt mehr Partnerschaft, vor allem auch durch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, die Europa-Region und so weiter. Das heißt, man ist eigentlich von den Schnorrner, ... Schnorrern [Schweitzer: Ja, stimmt schon, Schnorrern.] ist man zum Partner geworden. Heute haben wir gemeinsame Projekte teilweise, und es ist ganz normal geworden, es ist auf einer ganz einer anderen Ebene. Und wir wollen weder bemitleidet werden noch beneidet werden.

Schweitzer

Natürlich, natürlich, will niemand, weder das eine noch das andere. Nur manchmal ist Mitleid ganz angenehm, kurzfristig. [Durnwalder: Ja damals war's auch notwendig.] Und wie war das dann als Präsident von der SH, haben Sie dann versucht so Veranstaltungen zu organisieren, die jetzt vor allem für die Südtiroler waren, oder die Österreicher auch ein ...

Durnwalder

Wir haben damals in Wien, zuerst war ich Verbindungsmann, net [???], ich war halt der Zuständige für Wien allein, und da haben wir uns immer, einmal am Tag, in der Woche, da haben wir uns getroffen zu Vorträgen, und da hat man Politiker oder Schriftsteller, net, damals auch der Claus Gatterer kann ich mich erinnern, oder Politiker den Bobleter, oder ding, halt eingeladen, net, dann wieder einen Vertreter vom Unterrichtsministerium und so weiter, die uns da halt Vorträge gemacht haben. Da haben wir wieder Südtiroler, die draußen gewesen sind, eingeladen, und man hat sich getroffen, damals waren ja lei vielleicht 200, heute sind's 1.200 Südtiroler, die in Wien studieren. Und ich muss sagen, wir haben damals auch Unterstützung gekriegt für die Aufrechterhaltung der Bude und auch für die Südtiroler Hochschülerschaft, wir haben eine Unterstützung gekriegt zum Heimfahren, so Weihnachten, net, und Semesterferien und Ostern, da haben wir Stützung gekriegt, [Schweitzer: Net schlecht.] ich weiß damals so 200 Schilling, dass man halt fast den Zug dazahlt hat. Und auch wenn man in Wien selber, für das Programm, hat man allweil so ein bissel eine Hilfe gekriegt, organisatorische Hilfe und dass man da und da irgendwelche Besichtigungen machen. Wir haben dann auch dann die Heimplätze teilweise gekriegt, zuerst hat man sie gekriegt, dass man halt einfach halt sie aufgenommen hat, dann hat man Kontingente festgelegt, und dann hat man die Kontingente von uns aus auch die Reservierung bezahlt. Heute haben wir so und so viel Heimplätze, die bezahlen wir aber, das heißt die Reservierung, danach werden die Südtiroler behandelt wie alle anderen auch, aber in Wien ist es so, dass die Steiermark auch so und so viel [???] Studentenheim, so und so viel Plätze reserviert hat, und für die Reservierung müssen sie zahlen, und wir zahlen das Gleiche, was die österreichischen Bundesländer zahlen, und das ist auch richtig so.

Schweitzer

Ja, auf jeden Fall. Was mich auch noch interessieren würde ist, ob Sie, ich meine, Sie haben ja dann sicher dann auch sehr viele Gespräche mit dem ehemaligen Landeshauptmann, mit dem Silvius Magnago geführt irgendwie, auch über die Politik, oder auch über Kreisky oder auch von der Administration von Kreisky, wie waren denn da irgendwie ...

Durnwalder

Magnago war, also nachdem ja seine Mutter aus Vorarlberg war, und seine, er hat eine sehr enge Bindung mit Österreich gehabt. Er hat auch immer wieder, sein Vater war, brr, sagen wir, ein ganz überzeugter österreichischer Richter, wenn er auch sagen wir aus dem italienischen Teil gekommen ist, aber trotzdem. Und der Magnago hat dann einen großen Respekt gehabt vor der österreichischen Verwaltung und insgesamt auch, weil er noch von der alten Garde war, net, und das auch noch miterlebt hat. Und er hat auch was das Deutschtum anbelangt sich immer, er hat immer wieder ein bissel einen Komplex gehabt, dass er Magnago heißt, net, weil er alleweil gesagt hat: "ja, wenn ich nach Rom geh, dann meinen sie alle ich bin ein Italiener, net, wenn der Durnwalder obigeht, von dem können sie net amal den Namen aussprechen, net, und deswegen hat der es viel leichter. Wenn er etwas macht, dann heißt es, na gut, des ist von einem Deutschen gemacht, wenn ich etwas mach, dann heißt es alleweil, vielleicht macht er das lei weil er einen italienischen Namen hat, und so weiter." Er hat auch immer Wert gelegt, nicht Silvio sondern Silvius genannt zu werden, net. Und er hat, er ist vielleicht auch auf Grund seiner Behinderung und so, weil Reisen und so, waren für ihn immer beschwerlich, und deswegen ist er net so oft nach Wien gefahren. Aber ich bin selber mit ihm auch noch später, net, als Landeshauptmann, aber auch vorher als Landesrat, mit ihm immer wieder nach Wien gefahren. Er hat die österreichische Regierung sehr geschätzt und auch die politischen Vertreter. Er hat immer wieder gesagt, ja Kreisky, dass Kreisky halt die Nichtannahme vom Saragat-Kreisky Abkommen, dass man des, das hat er immer wieder betont. Hat auch immer wieder dann erklärt, dass halt damals gewisse Sachen halt gefehlt haben, und hat auch versucht, das ihm auch zu erklären. Aber na, sonst hat er eine sehr enge Bindung gehabt, und er war sehr, sehr österreichfreundlich.

Schweitzer

Und hat Ihnen aber auch den Rat gegeben, sich mit Kreisky ...

Durnwalder

Ja, ja, das hat man automatisch, ja er hat mich eigentlich, weil ich hab ihn ja wollen mitnehmen, aber damals ist es nicht mehr gegangen, aber zuerst, ich wär ganz gern mit ihm, aber nachdem er damals, ich weiß nicht aus welchen Überlegungen, jedenfalls nicht absichtlich, ob er nicht Zeit gehabt hat, bin ich allein. Weil ich hätt es ganz gern gesehen, wenn er auch mit dabei gewesen wäre.

Schweitzer

Na ich find das schon sehr, sehr spannend irgendwie, also welche Einflüsse auch solche persönliche Sachen dann, wie Sie auch gerade vom Magnago auch erzählt haben. Aber was mich jetzt schon noch interessieren würde ist, also das haben Sie ja am Anfang auch gesagt irgendwie, es gab so diese Einschätzungen, diese unterschiedlichen [Durnwalder ruft offensichtlich seine Sekretärin an. Durnwalder: Können Sie mir ein Buch über den Botanischen Garten bringen? Was denn?] dass es diese unterschiedlichen Standpunkte innerhalb der SVP gegeben hat von wegen Autonomie oder Selbstbestimmungsrecht.

Durnwalder

Das hat doch der Kreisky schon miterlebt, zum Teil auch ausgenützt vor der UNO, ausgenützt, und auch bei den Verhandlungen, dass er gesagt hat, wenn mir den, den, wie soll man denn sagen, den Autonomisten net irgendwo helfen, net, dann werden halt die Radikalen immer mehr an Boden gewinnen. Und die Radikalen sind nicht italienorientiert, sondern die sind alle Richtung Österreich orientiert. [Schweitzer: Oder Deutschland.] Ja und deswegen hat er, das hat er immer wieder so auch ausgenützt. Und Sie wissen ja, dass bei uns 1959er Jahr, 1957, war ja eine interne Revolution ein bissel, wo Magnago eher als Rechter [?auffi] gekommen ist, net, als Heimatverbundener hinauf gekommen ist, damit sich was tut. Lei hat man sich dann wieder in den Sechzigerjahren mit dem Aufstand, ah, wie hat es geheißen damals, mit dem, net Aufstand, na wie haben sie geheißen da, die, ist eine Gruppe gewesen, die dann eigentlich hinter ihm eigentlich geputscht haben, auch gegen Magnago.

Schweitzer

Ja ich find's ja auch ganz interessant, dass Magnago dann eben Verfechter vom Abschluss vom Paket war, das natürlich auch in gewisser Weise Zugeständnisse gemacht hat irgendwie ...

Durnwalder

Er ist halt auch Realist geworden. [Schweitzer: Eben.] Ich war ja früher auch eher bei die Radikaleren, net. [Schweitzer: Schon?] Ja, und volkstumspolitisch bin ich es auch heute noch zum Teil, net, aber man ist alle ein bissel ausgeglichener geworden, vor allem haben sich ja auch die Italiener bei uns gewandelt, net. Früher waren sie ja alle gegen uns, weil sie haben gemeint, wenn jetzt die Deutschen auffekemman, die haben zwei Drittel Mehrheit, wenn die jetzt das Sagen haben, dann werden sie sich erinnern, was in die Zwanzigerjahr war und in die Vierzigerjahr war und so weiter. Und das haben wir Gott sei Dank nicht gemacht, dass man Revanchismus betrieben hat, net.

Schweitzer

Das heißt, das war jetzt in die Sechzigerjahre und auch dann in die Siebzigerjahre, nachdem das Paket ...

Durnwalder

Das war auch später, sagen wir, richtig, dass man mit ihnen, sagen wir ihnen die Furcht genommen hat, und sie eigentlich zu Befürwortern des Paketes gemacht haben, das ist erst in die, an die Neunzigerjahre geschehen.

Schweitzer

Ich mein, es gibt ja schon ein paar innerhalb von der italienischen Sprachgruppe, wie einen Berloffa, der ja relativ früh dann mitgearbeitet hat.

Durnwalder

Der war früh, und dann waren auch die Pasquali und des. Aber der Pasquali, der ist nie richtig [?happy] geworden, aber zum Beispiel der Ferretti, der ist dann auch wieder positiv gewesen, hat gesagt, wir müssen deutsch lernen, wir müssen auch, wir müssen die Autonomie mitgestalten, mitreden und so weiter.

Schweitzer

Aber das war dann quasi eine Konsequenz erst nachdem das Paket abgeschlossen war?

Durnwalder

Erst nachher, also nicht lei abgeschlossen, sondern sobald sie gesehen haben, wie es angewendet wird.

Schweitzer

Ja, also ja, es war halt dann wirklich die Folge daraus, dass man dann gesehen hat ...

Durnwalder

Es ist nicht gegen uns, sondern eigentlich haben alle Vorteile, wir leben da alle besser wie im Rest des Staates. Und dann sind sie auf einmal stolz geworden, Südtiroler zu sein. Vorher haben sie sich geschämt, haben gesagt halt, dass wir uns lassen da von den Fremden da, da und irgendwie, wir müssen deutsch lernen, damit wir in Südtirol eine Staatsstelle kriegen, war für einen Italiener nicht so ohne weiteres verständlich, net. Oder, weiß ich, ich muss irgendwie mich zu einer Volksgruppe bekennen, damit ich in Südtirol eine Wohnung krieg. Das ist von außen her nicht ...

Schweitzer

Von außen gesehen nicht immer einfach zu erklären warum und wieso, natürlich. Sie haben gesagt, Sie waren nicht sehr politisch bevor Sie nach Wien gegangen sind irgendwie, aber Sie haben ein bissel was über die Bombenanschläge und die Feuernacht ein bissel was mitgekriegt. Mich tät interessieren, ob Sie sich da dran erinnern können, wie das war ...

Durnwalder

Ich war damals, eigentlich hat mir das gefallen, dass man da den Mut gehabt hat, net, sich zu wehren, und dass man unsere Rechte, ich hab erst da einmal mitgekriegt, dass wir eigentlich Rechte gehabt hätten. Weil wir haben ja auch damals noch gekuscht, wie es geheißen hat, net, da hast du kuschen müssen, net, weil die Italiener einfach das, [???] Italia und da ist nicht viel zu machen. Und da hast müssen betteln, dass du eine Staatsstelle kriegst hast, oder [???] oder wenig Geld hast, eine Genehmigung holen, ja wenn du da in die Quästur gegangen bist, warst du, wenn du nicht italienisch geredet hast, war es aus. Hingegen, deswegen ... Aber das war damals so, und wie man auf einmal gesagt hat, dass man in Südtirol einstellt die deutsch reden, dass man da auch Staatsstellen kriegen soll, dass man auch Proporz, das war für mich neu, aber das hat natürlich Eindruck gemacht. Deswegen, damals war ich nicht so abgeneigt gegen das sich Wehren, dass man nachher einikimmt in die Wirklichkeit. Ich bin immer ein Gegner von Gewalt, net, und dann gesagt, es muss ja auch mit der Waffe des Geistes möglich sein. Aber, und ich sag immer, weil man jetzt im Nachhinein ist man geteilter Meinung, wie soll man die Aktivisten der Sechzigerjahre heißen, sind es Freiheitshelden, sind es Attentäter, sind es Terroristen, ich sag immer Aktivisten, aber ich sag auch oft einmal die Freiheitskämpfer der Sechzigerjahre, net. Das kann man heute ohne weiteres sagen, net. Da heißt es immer, ja, haben wir deswegen, haben wir ihnen die Autonomie zu verdanken? Ich sag immer nein, das haben wir nicht, wohl aber muss man sagen, dass sie mit beigetragen haben, dass es ein wenig schneller gegangen ist, und vielleicht auch das eine oder andere besser gegangen ist, das weiß ich nicht. Aber man hätte, in den Sechzigerjahren ist einfach eine so eine laxe Haltung hineingekommen, man ist nicht weiter gekommen in der Neunzehnerkommission, und da haben schon diese Bomben oder irgendwie ... Steininger sagt, man hat die ding, das Selbstbestimmungsrecht weggebombt. Ich bin nicht ganz einverstanden, vielleicht das Selbstbestimmungsrecht, aber was eine Autonomie anbelangt, er sagt, dass es mehr geschadet hat wie es genutzt hat. Ich glaub, es hat ein bissel beschleunigt. Und das hat auch dazu beigetragen, dass viele Leute erst draufgekommen sind, was eigentlich Südtirol ist.

Schweitzer

Genau. Na ich denk mir ja, dass es ganz schwierig ist jetzt diese - eben wie nennt man sie - alle unter einen Hut steckt. Weil ich mein der BAS war was anderes als Mitte der Sechzigerjahre. Das hat sich ja dann auch ...

Durnwalder

Ja, ja waren ganz unterschiedliche. Und man muss ja auch sagen, die Anschläge in den Sechzigerjahren und die dann Ende Sechzig-, Anfang Siebzig-, wie dann die Deutschen, also Kienesberger und Co ein bissel dann aber, wie eh jeder weiß, [???], weil [???] Bomben in die Züge hineinzuglegen, net ...

Schweitzer

Also ich denk mir, das war ja grad mit die ersten, also wenn man die Feuernacht hernimmt, die so versucht, dass möglichst keine Menschenleben ... [Durnwalder: Ja, ja, das haben sie immer getan.] ums Leben kommen.

Durnwalder

Später irgendwie hat man das mit in Kauf genommen, hätt man, und drum haben sich dann auch die ... Weil die Leute in den Sechzigerjahren waren keine Terroristen in der Form, dass sie wollen hat, die haben lei wollen Symbole, dass die Welt aufmerksam wird, net.

Schweitzer

Ja und andererseits natürlich auch Strommasten, weil dadurch trifft man Italien ganz gut.

Durnwalder

Deswegen sag ich ja, Symbole.

Schweitzer

Aber wie Sie sind dann in den späten Sechzigerjahren mit diesen Anschlägen ...

Durnwalder

Ich hab dann gegen das Paket gestimmt, net, ich war damals als junger Bürgermeister, weil damals haben Bürgermeister, die unter 30 Jahre waren, die haben Stimmrecht gehabt, net, weil man keine Jugendorganisation gehabt hat. Und ich hab damals ein Stimmrecht gehabt in Meran und ich hab gegen das Paket gestimmt, net. Ich war gegen Magnago. Und aber, ich war auf der Seite vom Brugger, obwohl der Brugger nachher, net, einer der größten Befürworter des Pakets war, und hat sich in Rom aber auch hier wirklich dafür eingesetzt. Und ich bin halt auch noch zu einem Befürworter des Paketes geworden.

Schweitzer

Und was waren Ihre Gründe damals, dass Sie gegen das Paket gestimmt haben.

Durnwalder

Weil ich der Meinung war, es ist zu wenig, net. Ich war damals eher für das Selbstbestimmungsrecht.

Schweitzer

Und zu wenig, also Sie hätten, sagen wir unabhängiges Land Südtirol ...

Durnwalder

Man hat, ich hab damals, ich hab mir lassen das natürlich vom Brugger, weil ich auf seiner Seite war, hab ich seine Argumente, das heißt, die Absicherung ist, und die Bilanzgarantie sit nicht richtig, zu wenig Zuständigkeiten, und die Finanzierungsrichtlinien können immer wieder abgeändert werden. Man hat einfach Angst gehabt, sie geben uns etwas, damit sie uns das wieder wegnehmen können, und die Absicherung ist zu wenig.

Schweitzer

Ich mein, man hat ja auch nicht die besten Erfahrungen gemacht jetzt mit dem Pariser Abkommen, wo dann einfach das auf die Region ...

Durnwalder

Das hätte alles nicht gebraucht, wenn, wenn das Pariser Abkommen klarer gewesen wäre. Wenn das Pariser Abkommen den Wortlaut des Paketes gehabt hätte, dann also dann hätt's überhaupt keine, da hätt es keine Sechzigerjahre gebraucht, da hätt's keine UNO-Auftritte gebraucht, wenn sie das so angewendet hätten.

Schweitzer

Aber das wird ja in Österreich auch heftig kritisiert, dass sich da der Gruber ziemlich über den Tisch ziehen hat lassen.

Durnwalder

Ja, ich mein es ist halt schwer, wenn man etwas interpretiert im Jahr 2090, was im Jahr 2045 [sic! P.W.] gewesen ist. Denn man muss sagen erstens einmal, Österreich war nicht in einer besonders günstigen Situation. Es hat zwar in Österreich zwar nie einen Nationalsozialisten gegeben, das wissen wir ja, net, jedenfalls haben alle gesagt, net, da war ich bei einem Vortrag in Deutschland. Dann ist der Vortrag geschrieben worden, und dann mir der Vogel, der Hans Jochen, hat mir einen Brief geschrieben, hat er gesagt, ja er schätzt mich, und in Ordnung alles was ich da gesagt habe, aber lei dass es in Österreich nie einen Nationalsozialisten gegeben hat, ich hab das natürlich so mit entsprechendem [Schweitzer: Ironie.] Ironie gesagt. Und er hat, wenn man es schreibt [Schweitzer: Dann schaut's gleich anders aus.] Erstens einmal das. Zweitens einmal war Österreich ja auch nicht frei, drittens ist Italien zum Schluss noch zu den Siegermächten ummegewechselt. In Italien waren die Kommunisten da oben, man wollte die Kommunisten net ganz verärgern, und deswegen hat man diese Zwischenlösung gesucht, net. Weil wenn in Italien nicht die Gefahr des Kommunismus, dann hätten sie wahrscheinlich das Selbstbestimmungsrecht akzeptiert.

Schweitzer

Ja, kann gut sein. Aber ich denk mir andererseits hat sichs Österreich ja 1945 auch ganz gut gerichtet mit dieser Definition als erstes Opfer der Nationalsozialisten, also von dem her, ganz so. Also sie haben eine bessere Stellung gehabt als die Deutschen jetzt.

Durnwalder

Ja, ja, das schon, aber das heißt noch nichts. Net, da war ja auf der anderen Seite auch noch [???], hat momentan ein bissel sympathisiert, net, und sie haben halt das noch nie irgendwie beweisen können, dass der Hitler halt ganz ein Deutscher war, und [???] von die Österreicher war.

Schweitzer

Aber wenn Sie sagen, Sie haben gegen das Paket gestimmt, was hätten Sie sich dann für Südtirol vorgestellt, dass es an Österreich angegliedert wird?

Durnwalder

Ja doch, wenn es geht Österreich angliedern oder mehr Zuständigkeiten, und dass man halt weniger Rom und mehr Bozen. Aber das ist immer gleich gesagt, aber man hat natürlich das damals. Es hat schon da durch die Opposition von Brugger und der 49 %, die dann halt dagegen gestimmt haben, das hat schon beigetragen, dass zuerst einmal die Fußnoten gekommen sind, wo man gewisse Interpretationen gemacht hat, dass man vor allem auch bei der Durchführung sich leichter getan hat, weil man gesagt hat, wenn wir da nicht weiterkommen, dann werden die 49 % 55 %, net. So gesehen war es ja ganz gut, dass es nicht mit großer Mehrheit über die Bühne gegangen ist.

Schweitzer

Ja sicher, ja. Ich mein, das ist ja nach wie vor ein relativ großes Thema, das auch, also zumindest auch in Österreich allweil wieder aufgekocht wird, wir wollen Südtirol wieder, dass es zu Österreich kommt. Wie sehen Sie das heut?

Durnwalder

Ja, ja aber Südtirol wird an Österreich erst dann angegliedert werden, wenn es in Europa ein bissel eine Neuordnung gibt, Neuordnung der Regionen, wo man sagt, man sollte den Leuten selber die Möglichkeit geben zu entscheiden, wo sie hin wollen. Oder wenn Italien wirklich das Autonomiestatut aushöhlen würde, und dann Österreich auf den Plan gerufen würde, weil Österreich hat ja die Schutzfunktion übernommen, und auf die Art und Weise ist es so, dass man halt, dass man das halt auch einhalten muss.

Schweitzer

Wobei ich mich halt schon frag, ich mein es ist ja auch Europa jetzt, sehr viel in Bewegung in Europa, jetzt wie es momentan ausschaut spielen die Nationalstaaten schon immer noch eine große Rolle, aber ...

Durnwalder

Immer noch zu viel, aber es geht in Richtung Regionen. [Schweitzer: Und von dem her, irgendwann kann ja auch sein ...] Ja, aber dann könnte man sagen, die Regionen müssen auch eine gewisse Größe haben. Und dass man sagt, wenn wir von europäischen Regionen reden, dann sollte man auch den Regionen die Möglichkeit geben, selber zu entscheiden, zu welchem Staatsgebilde sie dazugehören wollen.

Schweitzer

Aber ich denk mir, da könnte Südtirol natürlich auch eine Vorbildfunktion haben im Sinne von, solche neuen Regionen in Europa werden wahrscheinlich nicht monolingual sein, also es wird net lei eine Sprachgruppe geben. Und deswegen ...

Durnwalder

Na, deswegen sag ich, wir sind eine von den Europaregionen, die wirklich mehrere Sprachgruppen beinhalten, und deswegen glaub ich, wenn es zu einer Neuordnung kommt, hätten wir schon gewisse Chancen.

Schweitzer

Eine Sache tät mich jetzt noch interessieren, da gibt es ja auch diese Aussage vom Kreisky, der irgendwie gemeint hat, es ist schon ein bissel zwiespältig, dass wir Österreicher uns alle für Südtirol einsetzen, eigentlich müssten wir auf unsere Kärntner Slowenen auch schauen, und dort setz ma ja nicht so viel um. Hat das jetzt irgendwie in Ihrer Erfahrung, in den Diskussionen eine Rolle gespielt?

Durnwalder

Da muss man immer aufpassen, wenn wir nach Kärnten gehen, weil dort verlangen wir Dinge, die man bei uns genau das Gegenteil verlangen. Erstens einmal verlangen wir zum Beispiel, dass die einsprachigen Tafeln, aber nur in deutsch, und sie draußen die mehrsprachigen, da sind wir aber konträr. Zweitens ist es so, dass wir einen ganz einen anderen Schutz haben wie eben die Slowenen in Kärnten. Natürlich ist es auch ein bissel dann andere Voraussetzung, und zwar, sie haben wenige Gebiete, wo sie von Vornherein die Mehrheit haben, sondern sind teilweise ein bissel, sagen wir, verstreut in den verschiedenen Gemeinden. Sie wollen auch gewisse Dinge net, weil sie sagen, sie sind so und so viel, die anderen sagen, das sind fast lei mehr 2.000. Das heißt, nachdem sie sich nicht zählen lassen, haben sie auch keine Möglichkeiten, dass sie mit richtigen Karten spielen können. Und bei uns werden alle zehn Jahre, oder halt, musst du dich bekennen, ob du zu einer Volksgruppe gehörst oder net, jetzt aber nicht mehr alle zehn Jahre, sondern einmal, du kannst jederzeit wechseln, wenn du willst. Aber wir haben Zahlen und sagen so und so viel, wir haben die 70 % deutsch, 25 % italienisch und 5 % ladinisch. Und das hat natürlich schon einen Vorteil. Insgesamt also muss ich sagen, dass Südtirol sich für die österreichische Minderheit in Italien stärker einsetzt, als wie für den Schutz der kulturellen Eigenart der Slowenen in Kärnten.

Schweitzer

Aber hat das bei den Verhandlungen oder Diskussionen [Durnwalder: Na, das ist alles erst später gekommen.] also das ist alles eher, dass man ...

Durnwalder

Über das haben wir nicht geredet, das haben natürlich, das haben die Slowenen aufgeworfen, und dann haben wir immer lei gesagt, was das, was ihr unten behauptet, tut ihr im eigenen Land nicht.

Schweitzer

Und haben Sie Kontakte mit Kärntner Slowenen? Also gibt es auch ganz gute Kontakte von Südtirol aus?

Durnwalder

Ja gute. Mit verschiedenen Aussagen [???], und jedes Mal wenn ich in Kärnten bin, bin ich bei den Slowenen, und umgekehrt red ich auch jedes Mal mit dem Landeshauptmann, ob er Haider heißt, oder jetzt Dörfler, oder jetzt der Kaiser.

Schweitzer

Kaiser, ja genau. Haben Sie auch Kontakte zu den anderen Minderheiten, also ich weiß jetzt net, zu den Burgenländer Kroaten oder so was?

Durnwalder

Na, wir wollen da net etwas Künstliches schaffen, aber wenn Sie es wollen, net. Es kommen die Minderheiten herein und schauen sich das an, aber es ist ganz ein anderer, weil der österreichische Staat gegen die Minderheiten ganz ein anderes Verhältnis als wie bei uns Deutsche gegen Italiener.

Schweitzer

Ja, aber ich denk mir halt, das ist oft wirklich eine komische Situation als Südtiroler oder als Südtirolerin, wenn man dann sieht, wie mit den Kärntner Slowenen ...

Durnwalder

Ja, nur ein Kärntner Slowene fühlt sich nicht als Slowene, hingegen, der fühlt sich auch als Österreicher. Hingegen bei uns, wir fühlen uns nicht ganz als italienische Staats-, als Italiener. Sondern, mir hat einmal der Staatspräsident gefragt in Gegenwart von der ganzen [???] und so, weil ich halt da bei einem Essen, hat er gesagt: "Ja als was fühlen Sie sich überhaupt?" Hab ich gesagt: "Ich fühl mich zunächst einmal als Südtiroler und dann als Tiroler und dann als Angehöriger der österreichischen Minderheit, der einen italienischen Pass hat." Ja, das hat er schon akzeptiert. Heute akzeptiert man's, früher wär das unmöglich gewesen. Heute müsste man auch dazugeben und sagen, zuerst einmal Europäer, net.

Schweitzer

Ja es verändert sich echt ein bissel. Aber ich find das ganz interessant, weil das ist eine Frage, mit der werd ich in Italien natürlich konfrontiert, aber in Wien draußen genau so. Also das ist schon auch dort irgendwie der Wunsch, dass man sich dann als Österreicherin deklariert, oder so was.

Durnwalder

Na ja, oder auch mit dem Pass jetzt, ich sage natürlich wäre es schön, wenn man den Pass bekäme den österreichischen. Aber auf der anderen Seite muss man auch wieder verstehen, man kann nicht überall lei nur die Vorrechte haben, und dann die Pflichten net. Weil ich mein, ein Österreicher muss halt die Steuern zahlen, er muss auch irgendwo zum Militär gehen und so weiter, und lei sagen, einen österreichischen Pass haben.

Schweitzer

Ja, und außerdem mittlerweile mit der EU und mit Schengen spielt's dann auch nicht mehr so eine riesengroße Rolle, also von dem her.

Durnwalder

Jawohl. [Schweitzer: Ja.] Da darf ich Ihnen noch ein ding geben, damit Sie einen Trauttmansdorff haben, kennen Sie eh.

Schweitzer

Oh, Trauttmansdorff, schön, sehr schön, vielen Dank. Aber auch vielen, vielen Dank für das Gespräch. [Durnwalder: Wenn [sehr leise und schwer zu verstehen, es geht um das geschenkte Buch]. Zwei, das lassen Sie da, damit ich es zu den Akten legen kann.] Ich hab noch eine allerletzte Frage, es ist jetzt eher eine technische Frage. Wir würden ja gern diese Interviews transkribieren und dann so quasi eine Datenbank anlegen, damit die Benutzer im Archiv das auch zur Verfügung gestellt werden. Jetzt wollt ich das nur noch einmal klären, ob das für Sie in Ordnung ist, wenn die Benutzer das auch benutzen dürfen, oder ob man das für einige Zeit sperren soll, oder? [Durnwalder: Da braucht man nichts zu sperren.] Brauch ma net zu sperren, ja super, großartig. Weil ich denk schon, dass ...

Durnwalder

Wenn es Ihnen nichts ausmacht ist nur, damit, wenn man irgendetwas vielleicht dass man es falsch interpretiert hat, net, wenn Sie da das Skriptum einmal ganz kurz einefaxen könnten.

Schweitzer

Das kann ich gern machen, eben drum wollt ich das ansprechen, dass ich Ihnen, das kann ich Ihnen, wenn wir es einmal transkribiert haben, einmal zuschicken.

Durnwalder

Ja zuschicken lei, damit man sagen kann, schau das vielleicht, mit dem Wort muss man ein bissel aufpassen. [Schweitzer: Ja, na, das ist überhaupt kein Problem.] Normal bin ich da, normal bei den ganzen Interviews tu ich nicht einen Cent, oder halt nicht eine Silbe ändern. Aber, aber oft einmal ist es so, dass man ein Wort oft einmal, kann als, ein bissel für die Italiener nachher.

Schweitzer

Stimmt, stimmt, natürlich, ja. Dann bedank ich mich recht herzlich, dass Sie sich Zeit für mich genommen haben, es war sehr spannend. [Ende des Interviews.]


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