am 18. April 2013 in Wien mit Sabine Schweitzer. Transkription Peter Wackerlig
Schweitzer
So. Also wie gesagt, das sind auch Interviews, die wir dann ganz gern den Benutzern und Benutzerinnen [Jankowitsch: Ja, ja, freilich, ja, ja.] zur Verfügung stellen, wobei es auch die Möglichkeit gäbe, dass man das noch eine Zeit lang sperren kann und so, also das müssten Sie dann halt sagen, ob Sie so was wünschen.
Jankowitsch
Aus meiner Sicht, also glaub ich, ist da nicht viel zu sperren.
Schweitzer
Das wär natürlich super.
Jankowitsch
Ich mein, ich hab da keine.
Schweitzer
Jetzt muss ich nur schauen, na, es funktioniert. Ja ich hab Ihnen ja in meinem Email schon geschrieben, dass es mir hauptsächlich auch darum geht, die persönlichen Perspektiven und die persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen der Mitarbeiter Kreiskys zu erfahren. Weil irgendwie die Verhandlungen oder so was, das kann man ansatzweise ein wenig auch den Akten auch herauslesen, aber es geht mir auch wirklich so um Ihre persönlichen Erinnerungen, aber auch Einschätzungen, wie Sie das bewerten würden. Also das große Thema ist einfach Kreiskys Südtirolpolitik, das würde jetzt aus meiner Sicht natürlich anfangen auch mit den Vorbereitungen vor die UNO, aber natürlich dann auch irgendwie, ah, die, die Aktivitäten in Südtirol selber, also teilweise zur Zusammenarbeit mit der SVP, teilweise auch diese Diskussionen um, um eine eigene sozialdemokratische Partei im Südtirol. [Jankowitsch: Ja, ja, ja, gut, das ist dann viel später zum Teil.] Aber irgendwie, so einfach, das ist der ganze Kontext, in dem ich eigentlich dieses, dieses Interview anlegen würde. Und ich würd vielleicht ganz gern mit der Frage anfangen, Sie sind, wenn ich das richtig im Kopf hab, 1953 zu ihm gekommen.
Jankowitsch
Zu ihm gekommen bin ich im Jahr 1959, im Jahr 1959, wobei, ah, es war so, ich hab angefangen im Außenministerium beim Kirchschläger in der Völkerrechtsabteilung, und Kreisky hatte damals als Staatssekretär eigentlich keinen wirklichen Sekretär, das war ein gewisser, [?Hartl] war bei ihm so, aber das war so kein wirkliches, kein wirkliches Sekretariat ((Telefon läutet.)) Entschuldigung, ich glaub das bin ich, hallo, ja du Sveta, ich bin jetzt gerade in einem Interview, kannst du in einer Stunde anrufen ungefähr, ciao. Und er hatte, also wie gesagt, keinen, keinen wirklichen Sekretär in dem Sinn, und da hat mich der Kirchschläger manchmal ausgeborgt, also dem Kreisky als Staatssekretär, und ich hab so zwei oder drei Reisen mit ihm gemacht. Also wir kannten uns natürlich schon aus der Politik heraus und so, und er hat auch einen erheblichen Anteil daran gehabt, dass ich überhaupt ins Außenministerium gekommen bin. Er hat eingeführt ein, das so genannte Exames Preliminares, das war sozusagen ein Filter, damit net nur CVer da ins Außenamt hineinkommen, und es sollte eine gewisse Leistung auch dokumentiert werden. Und ich war offenbar einer der ersten der das Exames Preliminares abgelegt hat, offenbar gar nicht schlecht und so, und, die ersten Aufnahmen waren am 1. Februar 1957, und bei mir war es nur finster, net. Da hab ich mich da erkundigt im Sekretariat, ja, das Kabinett vom Figl hat da Bedenken gegen dich, ich war nämlich damals Obmann des Verbandes Sozialistischer Studenten, und habe natürlich in der Arbeiter-Zeitung und so weiter, mich geäußert hie und da, net. Und da haben die Schwarzen versucht, mich zu verhindern, und der Kreisky hat dann also sozusagen, eigentlich meine Aufnahme zu einem Paradefall gemacht. Da war ein riesiges Personalpaket, der Martin Fuchs wurde Generalsekretär, also alles Mögliche. Und der Jankowitsch wurde aufgenommen, aber dann gleich zum Kirchschläger weg, also er wollte, er hat eine sehr, wie soll ich sagen, distante Haltung gehabt, absichtlich, zu Parteigängern. Er hat zwar gewusst, ich bin sein ding und so, aber er hat sich nicht umgeben mit, zum Beispiel diese Kabinettschefs, das waren alle keine Sozialisten. Und, also so kam ich ins Außenministerium, wurde dann dem Kirchschläger zugeteilt in der Völkerrechtsabteilung, das hat offenbar auch ganz gut funktioniert, und wurde dadurch schon in den, so 1958/59 Mitarbeiter vom Kreisky, aber wie gesagt als freier Mitarbeiter, wenn Sie wollen. Dann kam 1959, Kreisky wird Außenminister, net, und da war auch was sehr Lustiges, alle haben gesagt im Außenamt, Jankowitsch, du kommst jetzt zum Kreisky, zum Außenminister. War aber wieder eine Zeit lang Schweigen im Walde, dann bekam ich so eine, ist einer gekommen, hat gesagt "du weißt ja, der Herr Bundesminister schätzt dich sehr, aber er will sich nicht unbedingt nur mit eigenen Leuten umgeben, und er ist ja nicht so wie der Figl, der jeden Tag b'soffen ist, und der sozusagen alles Mögliche verdecken muss, und, also versteh, das ist, er schätzt dich, aber wie gesagt, du sollst da weitermachen beim Kirchschläger." Dann war Sommer, ich bin also, war da auf irgendeinem Kurs in Den Haag, und bin da zurückgekommen, komm in mein Büro, sitzt jemand anderer dort. Sag ich: "Was ist?". - "Ja du bist im Kabinett" - aso. Also irgendwie ist dann, hat er dann doch niemand anderen gefunden und so, und hat also mich dann doch genommen. Und so begann also eine ziemlich lange Kooperation, dann bis hinein in die Opposition und so weiter. Aber jedenfalls hab ich 1959 dann angefangen im Kabinett, und. wie schon gesagt, es war eine ganz kleine, ein ganz kleine Zelle, das war nicht so wie heute, dass die Kabinetts die Ministerien beherrschen, sondern wir haben halt so mit dem Ministerium gearbeitet. Meine Hauptaufgabe war unter anderem, bei Reden und Vorträgen Material zu sammeln, also Kreisky hat alle Reden selber geschrieben, das waren immer furchtbare Produktionen, sind wir halbe Nächte gesessen in der Armbrustergasse, die Margit Schmidt hat mitstenographiert und so weiter. Und ich hab das dann irgendwie zusammengestellt, also alles Seines, wehe man hat irgendein Wort geändert oder so was. Und das war so eine meiner Aufgaben, net, und eben, wie gesagt, auch vieles Andere, was so angefallen ist im Laufe eines ding. Und dann kam also eben diese, diese große Südtirolwelle. Und, wie gesagt, bei der ersten Südtirol-, bei der ersten Südtiroldebatte war ich noch nicht mit in New York, entweder war der Kari Fischer mit oder jemand anderer. Und er hat mich dann, beim zweiten Mal bin ich dann mitgefahren. Und das war also ein unglaublicher Aufmarsch, da war, wie gesagt, die halbe Tiroler Landesregierung und Nationalräte und alle möglichen Leute. Er war immer doch auch sehr darauf bedacht, nicht, dass gerade in Sachen Südtirol ein möglichst breiter nationaler Konsens besteht, nicht. Es war der Gschnitzer mit, das war damals der Staatssekretär, und der Gschnitzer war natürlich, ah, ein wirklich ausgewiesener Südtirolexperte, und als Tiroler und so weiter. Und dieser ganze Tross hat sich also dann nach New York begeben, wir wurden dann hervorragend betreut vom, vom damaligen Botschafter, das war der Matsch, net, der so ein bissel skurril war, der hat immer so merkwürdige Aussprüche gesagt, "Schauns, die Vereinten Nationen, jeden Tag ein Theater" und so weiter, hat diesen gewissen nasalen Tonfall gehabt und so. Hat aber erstklassige Kontakte gehabt, und es ging natürlich dann darum, wieder Unterstützung zu sammeln für die, für die zweite Südtirolresolution. Wobei ja sehr bezeichnend war, nicht, auch für die damalige geopolitische Situation, unterstützt haben uns praktisch nur Länder der Dritten Welt, net, der große Sponsor von dem, oder beziehungsweise keine Kernländer Westeuropas, die natürlich alle Italien geschont haben, net, der große wirkliche Sponsor, den wir hatten, war der Botschafter Rossides, ein zypriotischer Botschafter, ein sehr angesehener, der dann, wie ich nach New York gekommen bin, immer noch dort war, das war offenbar, das war ein Langzeit .... Und, bei so kleinen Ländern kommt das häufig vor, net. Und so wurde also mühsam ... und dann begannen also wirklich nächtliche Redeschlachten, die wir natürlich zum Teil mitgemacht haben, weil es ging dann immer darum, möglichst rasch zu antworten, nicht. Und wir sind dann nächtelang gesessen in der Mission dort, und haben dann eben diese Reden vom Kreisky fertig gemacht, das heißt, er hat sie diktiert, und wir haben das dann halt also in eine bestimmte Form gebracht. Und er war wirklich hundertprozentig engagiert in der ganzen Sache, nicht, und er hat natürlich schon das eine oder das andere auch, ich kann mich erinnern, bei diesen [???] Tagungen in New York, ist glaub ich ein Startschuss gefallen für das Institut für Höhere Studien, nicht. Er war immer sehr interessiert an solchen Gründungen, auch um einen gewissen intellektuellen Rückstand Österreichs aufzuholen, und da war er sehr interessiert. Haben wir uns getroffen im, also er hat ja im Carlisle residiert mit dem, wie hat der geheißen, war das Professor Morgenstern, na, also irgendeiner der Gründer vom Institut, das war halt so ein österreichischer Professor. Also [???] es war in Wirklichkeit natürlich hauptsächlich Südtirol, und der Versuch eben hier, diesen Durchbruch zu erzielen, und das ist ja dann eben gelungen auch mit der zweiten Südtiroler Resolution. Südtirol blieb natürlich dann immer wieder auf der Tagesordnung, ist ja dann weiter gegangen, Sie kennen eh die ganze Geschichte, bis zu diesen Saragat-Verhandlungen, bei denen ich dann nicht mehr dabei war. Ich war bei ihm nur bis 1962, ich bin dann abgewandert nach London und von dort nach Dakar, und bin erst wieder zurückgekommen zu ihm 1967, als Oppositionsführer. Also da war eine gewisse Unterbrechung, nicht, aber er natürlich sicher in der ganzen Zeit sich weiter mit Südtirol beschäftigt, und er war natürlich auch sehr interessiert an der politischen Konstellation in Südtirol. Er hat natürlich gewusst, dass sozusagen, die, das wirkliche Bewegungsgesetz der Südtiroler Politik ist ethnisch, nicht. Das hat ihn aber offenbar doch gestört, dass da eigentlich sozusagen, so wenig Pluralismus zu sehen war, nicht. Und er war natürlich mit den Landespolitikern, damals muss dann irgendwann der Magnago ins Spiel gekommen sein, in einem ständigen Kontakt, und hat dann den Magnago, also gezwungen ist vielleicht zu viel gesagt, aber jedenfalls bewogen, dass er die SVP öffnet nach links, nicht, und einem, damals noch nicht so bekennenden Sozialdemokraten, nämlich dem Egmont Jenny, einen Sitz gibt in der, im Landtag. Und Jenny hat sich aber dann zerstritten mit denen. Er war, er war, was sich ja auch dann später gezeigt hat, nicht besonders teamfähig, und, aber damit begann sozusagen ein Versuch der SPÖ, und vor allem auch Kreisky selber, der Gratz hat dann auch sehr daran mitgewirkt, nicht, dass, sozusagen eine sozialdemokratische Gruppe in Südtirol aufzubauen. Das hat sich herumgespielt um den Jenny, dann war ein gewisser Dietl, der hat das auch eine Zeit lang gemacht. Und hat aber eigentlich nicht wirklich funktioniert. Das hing aber zum Teil auch damit zusammen, wie gesagt, dass die Leute sehr, so den Dietl hab ich nicht gekannt, aber den Jenny hab ich intimst gekannt, der auch schon gestorben ist. Das war ein unglaublich gescheiter Mensch, aber, wie gesagt, absolut nicht teamfähig. Und die Geschichte geht dann auseinander, das hat mit Kreisky nichts mehr zu tun, ich hab dann als internationaler Sekretär der SPÖ eine ganz andere Linie eingeschlagen, aber, wie gesagt, der Kreisky wollte hier etwas tun, war aber natürlich auch sozusagen Ausdruck dessen, dass er Südtirol so irgendwie auch also ein Stück Österreich betrachtet hat, und gefunden hat, bitte, was in Österreich gut ist, das muss in Südtirol auch gehen irgendwie. Und dadurch auch dieser, dieser, also er, wie gesagt, hat praktisch den Jenny also aus der Taufe gehoben, sag ich.
Schweitzer
Das klingt ja sehr spannend irgendwie. Darf ich noch ein bissel nachfragen? [Jankowitsch: Ja, ja, na freilich, ja, ja!] Mich würd ja noch interessieren, wie da im Zuge dieses ersten Gangs vor die UNO, wie da die Verhandlungen innerhalb vom Staatssekretariat waren, beziehungsweise wie, also was Sie in ihrem Team [Jankowitsch: Im Kabinett meinen Sie?] im Kabinett, beziehungsweise auch in Ihrer Abteilung irgendwie ...
Jankowitsch
Pfffff. Also, ich muss ehrlich sagen, da ist nicht sehr viel, also es hat natürlich eine Menge so interministerielle Besprechungen gegeben und so was, vor allen Dingen mit der Tiroler Landesregierung, nicht. Aber, aber, ich glaube, dass er sehr stark, er hat ja überhaupt, ich mein das ist historisch wahrscheinlich nicht ganz unumstritten, aber sozusagen, diese, den Gang zur UNO hat ja eigentlich hauptsächlich er gemacht. Nicht, der Figl hätt ja auch die Möglichkeit gehabt die längste Zeit, nicht, und er hat das irgendwie in die Wege geleitet, und, ah, natürlich mit der Unterstützung der Tiroler Landesregierung, die haben das natürlich sehr gut gefunden. Und, also da gab's nicht viel zu verhandeln, es ging, sozusagen um die Vorbereitung, deswegen auch die Geschichte mit dieser Archivsuche, nicht. Man hat Argumente gesucht, nicht. Und es war natürlich für Österreich nicht leicht, sich jetzt in Sachen Südtirol vor die Vereinten Nationen zu begeben, wir haben genau gewusst natürlich, dass der Westen uns dabei nicht unterstützen wird, im Gegenteil, nicht, und dass man Unterstützung von woanders suchen muss. Man musste sich aber auch auseinandersetzen mit der, mit der Argumentation der Italiener, nicht. Und die Italiener haben natürlich argumentiert in erster Linie mit dem Pangermanismus, die haben gesagt, so jetzt kommen die Österreicher, nicht, und die wollen da sozusagen diese, diese pangermanistische Welle rollen lassen, nicht. Und wir mussten sozusagen jetzt eben zeigen, warum sind wir für Südtirol, was ist dort passiert in den Zwanzigerjahren, Dreißigerjahren, da ist sehr viel gearbeitet worden. Und, ich kann mich jetzt, ich müsst mir das einmal heraussuchen, wo ich das hab, er hat selber dann auch versucht verschiedene Muster nationaler Autonomie festzustellen, nicht, um zu sagen, da schauts her, eine ordentliche Minderheitenlösung muss nach bestimmten Mustern geregelt werden, nicht. Und da gab's in Europa nach dem Ersten Weltkrieg gewisse Ansätze, nicht, die in Südtirol natürlich nicht durchgeführt wurden, net. Und also man hat sozusagen, es war ein Beweissammeln, um zu zeigen, also was hat Italien dort falsch gemacht, und sich natürlich auch gleichzeitig von jedem Verdacht eine Pangermanismus oder gar Nazismus [???]. Und die Italiener haben natürlich unterschwellig immer mit solchen Dingen gearbeitet, net. Und dann haben sie gesagt, ja, ja, das ist sozusagen eine, eine Art deutschnationale Verschwörung und so weiter, nicht. Also das war sozusagen, aber die Aufgabe war eben, hier gute Argumente zu finden. Und sich aber natürlich auch ein bisschen mit der Geschichte auseinanderzusetzen, was ist dort passiert. Da war aber natürlich der Gschnitzer, war ein lebendes Lexikon, der hat alles gewusst und so, net, und hat sich da also sehr gut ... Aber, wie gesagt, das war an und für sich innerösterreichisch keine kontroversielle Sache, nicht, es war eine breiter nationaler Konsens, nicht, und die Tiroler waren da vollkommen eingebunden, net, und haben ihn natürlich hundertprozentig unterstützt. Es kam dann später erst, nicht, diese Konflikte kamen erst mit der Saragat-Lösung, nicht. Aber da, bis dort hin war eigentlich immer Liebe und Waschtrog.
Schweitzer
Ich hab heute noch einen Bericht gelesen, es war einer von den ersten Berichten von Damian, der rekurriert auf ein Treffen mit Magnago, noch bevor Kreisky Außenminister geworden ist. Und das war recht interessant, weil Magnago dort noch meint, irgendwie [Jankowitsch: Ja, ja, was wollts ihr da.] ist schon schwierig, ihr seid ja Sozialdemokraten, und eigentlich vertreten wir eher eine andere Politik, wir sind ja doch eine christliche, oder christlichsoziale Partei, und Magnago sich auch nicht vorstellen konnte, dass jetzt Österreich, oder die Sozialdemokratie in Österreich stark genug wird, dass die den Außenminister stellen könnten. Das heißt, ich hatte so ein wenig diesen Eindruck, dass es zumindest am Anfang durchaus auch von der Südtiroler Volkspartei politische, sagen wir zumindest Zurückhaltung und Berührungsängste gegeben hat.
Jankowitsch
Also ich hab davon eigentlich nichts gemerkt, nicht. Die sind, also es waren Südtiroler mit, also bei jeder, bei allen diesen Verhandlungen, nicht, ich weiß jetzt nicht, wer von den Südtirolern mit war bei der zweiten, bei der zweiten New York-Tour, aber, aber da war eigentlich keine besondere, man hat nicht das Gefühl gehabt, dass die irgendwie, nicht. Vielleicht ganz am Anfang, aber, aber in dieser, vor allen Dingen nach der ersten Resolution war natürlich große Begeisterung, nicht. Und ich weiß, der Magnago hat sein ganzes Leben immer wieder versucht, ah, den Kreisky zu beruhigen. Der Kreisky war natürlich bitterböse auf die Südtiroler, weil sie eben diese, diese, diese Lösung mit dem Saragat also nicht angenommen haben. Und es gab ein rührendes letztes Treffen, der Kreisky war schon todkrank, war noch in irgendeinem Hotel in Meran, und da hat ihn der Magnago noch besucht knapp vor seinem Tod, also vom Kreisky, um sich sozusagen zu entschuldigen. Er hat gesagt nein, nein, und wir schätzen Sie, blabla, und es war nicht aus politischen Gründen sogar war eben die, die, die, sie wollten eine andere Lösung, nicht. Aber wie gesagt, das war, von den Südtiroler, ich hab da eigentlich nie gemerkt, dass da irgendeine, vielleicht ganz am Anfang, net.
Schweitzer
Na das war ganz interessant, weil es gab dann einen zweiten Bericht von Damian, drei Monate später, das war dann nach den Wahlen, und da war dann Kreisky Außenminister, und wo der Damian dann auch schreibt, für Magnago vollkommen unerwartet, aber er hat sich dann auf das eingestellt. [Jankowitsch: Ja sicher, ja, ja natürlich, ja, ja Außenminister ist Außenminister, da gibt es nichts.] Natürlich, ja. Ich hab jetzt nur das schnell rausgesucht wegen den, wegen den Delegationsteilnehmern, weil die haben wir da teilweise drinnen. Also da hab ich, das sind die unterschiedlichen Besprechungen, da sind Matsch, Kreisky, also bei der ersten, Matsch, Kreisky, Waldheim, [?Heimerle], Gschnitzer ...
Jankowitsch
Gut der Waldheim war immer mit, der war politischer Direktor damals, ja, ja.
Der Friedl Volgger, ja, ja, der war mit, ja, ja, das weiß ich.
Schweitzer
Der Sand war auch dabei und der Alfons Benedikter.
Jankowitsch
Nein, nein, es war immer eine große Südtiroler Delegation, nicht, und ich weiß nicht, wir sind dann alle miteinander hinüber geflogen mit der Air France, kann ich mich noch erinnern und so. Und das war eben ein großes Theater. Aber es war damals, wie gesagt, eine sehr harmonische Stimmung, also net, dass ich irgendwie das Gefühl gehabt, hab, na der Rote, mit dem wollen wir nichts zu tun haben, im Gegenteil, net, die haben ihm ja aus der Hand gefressen, net.
Schweitzer
Weil Sie jetzt gesagt haben, das Argument von der italienischen Seite war der Pangermanismus. Jetzt kann man Kreisky nun wahrlich nicht [Jankowitsch: Das kann man ihm nicht vorwerfen. ((lacht))] als Nationalsozialisten irgendwie bezeichnen, und auch die Sozialdemokratische Partei nicht, oder damals noch Sozialistische Partei. Aber hat es geholfen, dass da quasi ein Sozialist als Verhandlungspartner auf der anderen Seite sitzt?
Jankowitsch
Kaum. Also die Italiener waren, also die Italiener waren damals noch in einer sehr harten und sehr ablehnenden Haltung, ich glaub der Außenminister, Martino war der Außenminister, net, und sie haben also eigentlich jeden, sie haben auch die ÖVP-Außenminister genauso abgeschasselt, net. Und sie waren ganz einfach so auf der Linie, das ist eine innere Angelegenheit, das geht euch nichts an, ihr habts eh das Pariser Abkommen, wir haben das erfüllt, und aus, net. Und wer da drüben war, wobei bitte, die Tatsache, dass der Kreisky Sozialist war, hat aber dann schon geholfen beim Saragat. Der Saragat, Sozialdemokrat, hat natürlich einen anderen Zugang gehabt zu ihm, nicht, und hat natürlich auch nationale italienische Interessen vertreten, das war ganz eindeutig, nicht, aber er war sicher entgegenkommender als der Martino, nicht, ich weiß nicht wer dazwischen war, zwischen Martino und Saragat, bei den so vielen Regierungen in Italien damals. Aber wie gesagt, das hat die Italiener in keiner Weise beeindruckt, nicht, außer wie gesagt beim Saragat, da hat das sicher eine Rolle gespielt, dass man sich da irgendwie politisch eher verständigt hat, net.
Schweitzer
Sie haben gesagt, bei der zweiten UNO-Generalversammlung waren Sie dabei in diesem Umfeld. [Jankowitsch: Ja, ja, als Delegationsmitglied.] Wie waren da die Vorbereitungen für diese, weil da ging es ja auch darum, dass in der Zwischenzeit eigentlich nichts passiert ist ...
Jankowitsch
Ja natürlich, diese Verhandlungen sind praktisch gescheitert, nicht. Da war dazwischen eben war, glaub ich, diese Zürcher Geschichte, wo ich, wie gesagt, nicht dabei war, nicht. Und es wurde dann ganz einfach noch einmal alles zusammengesammelt und, und man musste natürlich auch für die zweite Resolution wieder Sponsoren finden, nicht. Das waren zum großen Teil wahrscheinlich dieselben wie bei der ersten, nicht. Aber die Vorbereitungen waren eben also national, dass man sich sozusagen auch argumentativ vorbereitet, nicht, und in New York dann zu schauen. Und da war, wie gesagt, der Botschafter Matsch hat da eine große Rolle gespielt, weil der war sehr angesehen, der hat alle gekannt, der war schon Beobachter und war dann eben der erste Vollbotschafter vorm Waldheim, net. Und der Waldheim war auch dabei, aber der war, der Waldheim war eigentlich nie sehr kreativ, der Waldheim war so ein absoluter Befehlsempfänger und hat immer natürlich, wenn der Kreisky was gesagt hat, hat er gespurt, ist herumgerennt und so. Man kann aber nicht sagen, dass er, also sozusagen argumentativ, nicht, waren viele interessanter, der Gschnitzer und die Südtiroler, nicht, die dann auch bei der Formulierung der Reden ein bisschen mitgewirkt haben, nicht, also sozusagen auch, welche Argumente man bringen kann, net. Aber der Waldheim und der Heimerle, ich weiß gar nicht ob der überhaupt mit war beim zweiten Mal. Beim Waldheim, das weiß ich sicher, dass der mit war, aber der hat eigentlich nur eine sehr, sehr untergeordnete Rolle gespielt dabei, nicht.
Schweitzer
Und quasi diese Koalitionspartner zu finden, oder Unterstützungen, das ist alles erst in New York abgelaufen, nicht im Vorfeld?
Jankowitsch
Na die ÖVP hat natürlich mitgemacht, nicht, und der Gschnitzer war natürlich da hundertprozentig dafür, nicht. Er war sehr loyal, also ich glaub nicht, dass er da irgendwie versucht hat, jetzt sein eigenes Süppchen zu kochen, wäre ja auch sinnlos gewesen. Nein der Gschnitzer hat auf eine sehr loyale Weise mitgearbeitet. Ich war, bitte ich hab dann im selben Zimmer geschlafen mit seinem Sekretär, weil wir haben damals, das Außenamt sehr gespart, da hat man jüngere Beamte zu zweit und so. Und na, das war eigentlich alles wirklich sehr, sehr kollegial, nicht. Es hat auch keine, was weiß ich so, was dann später immer so beliebt war, so Leaks an die Presse, das hat es alles nicht gegeben. Also wir waren da durchaus ... Nein, es war eine wirkliche Einheitsfront, das war ganz eindeutig. Es haben vielleicht der eine oder andere irgendwie eine bissel noch schärfere Akzente hineinbringen wollen, aber im Prinzip war da, auf der politischen Ebene war eine vollkommene Übereinstimmung, net.
Schweitzer
Und, eben dass sich dann vor allem diese afrikanischen und asiatischen Nationen gefunden haben, die mit stimmen mit Südtirol, das ist alles dort in [Jankowitsch: Das ist vor Ort gemacht worden.] vor Ort gemacht worden.
Jankowitsch
Möglicherweise, dass die Botschaften irgendwie mobilisiert wurden, aber wir hatten damals noch ein sehr schwaches Netz in Afrika und Asien, nicht, das hat der Kreisky dann später erst, ich war ja dann einer der ersten Vertreter auch in Westafrika im französischen, aber das hat sich in New York vor Ort abgespielt, nicht, und da war eben wirklich sehr wichtig die Rolle, die der, die der Botschafter Matsch gespielt hat. Ich kann mich erinnern, da war, da war ein sehr, so skurriler indischer Botschafter, mit dem, den Namen müsste man irgendwo herausfinden können, und [Schweitzer: Ich schreib es mir mal auf.] ein sehr berühmter, der irgendwie auch mit dem Nehru verwandt war oder irgend so was, und der hat gesagt: "Du, der ist so nett, der ist so kollegial, stell dir vor, er hat mich in Socken empfangen" und so. Also um zu zeigen, nicht, was er für ein guter Freund ist und so. Und, also da hat sicher der Matsch eine große Rolle gespielt. Und, wobei man sozusagen Österreich, das Image, das Österreich hatte in der Dritten Welt dann später, und das zum Teil durch den Kreisky entstanden ist, das hat es damals noch gar nicht so gegeben. Kreisky war ja erst relativ kurz Außenminister, net, und dann diese Dritte Welt-Offensiven, dann Botschaften gründen, Marshallplan für die Dritte Welt, das war alles viel später. Aber, wie gesagt, man hat damals gesehen, ja, mit dieser Ländergruppe kann man arbeiten, nicht, die haben gewisse Sympathie, weil sie das Gefühl gehabt haben, wir sind dort der Underdog, net, und die Großmächte unterstützen und nicht, sondern im Gegenteil, bremsen irgendwie. Und das hat ein bissel mobilisiert, nicht, bei manchen Leuten. Kuba hat uns unterstützt und solche Länder. Wobei das war damals noch nicht so ...
Schweitzer
Es war damals natürlich die Situation eine andere, also aus heutiger Perspektive ist das schon immer sehr interessant.
Jankowitsch
Ja, aber es war interessant, nicht, wie gesagt, wie man so was ... Aber es hat auch gezeigt, was man bei den Vereinten Nationen erreichen kann, nicht, mit gutem Lobbying und so. Und, weil an und für sich, Südtirol vor die UNO zu bringen war nicht leicht. Ich mein, womit hat sich die UNO beschäftigt, wenn man sich anschaut die Tagesordnung damals, da waren ganz andere Geschichten. Da ging es um die Entkolonialisierung und solche Geschichten. Und dann kommt so ein, und das hat natürlich ein bissel hineingepasst in diese Verfolgung von Minderheiten und so, die Leut haben schon ein bissel verstanden, um was es da geht, net. Und, also [???], kann man nicht vergleichen mit Algerien oder so was, net. Aber irgendwie haben sie schon verstanden, halt das ist was, was Gutes. Wobei damals 1960/61 waren noch gar nicht so viel drinnen, net, das war noch eine, aber es war nicht mehr ganz westlich dominiert die Vereinten Nationen, es waren schon eine Menge also, Indien hat damals eine große Rolle gespielt, und Indien hat uns auch unterstützt, nicht, und das war sehr wichtig.
Schweitzer
Ähm, wie wurde das dann bei Ihnen im Ministerium aufgenommen, dass es eben so weinig Unterstützung durch die anderen ...
Jankowitsch
Ach Gott, mein Gott na, das. das hat man, das dann natürlich, war an sich sicher eine gewisse Enttäuschung, hat aber natürlich die Beziehungen nicht wirklich getrübt. Man hat schon gewusst, Italien ist NATO-Mitglied, damals ging's auch immer noch die Angst, die Italiener schwenken zum Kommunismus, die KP war sehr stark in Italien [Schweitzer: Stimmt, natürlich, ja.] und die haben natürlich damit gearbeitet, nicht. Haben gesagt, schauts her, wir sind ein treues NATO-Mitglied und sind innenpolitisch ständig unter Druck, die KP hat, was weiß ich, 30 Prozent gehabt damals in Italien, net, was waß ma, und daher bitte, also bitte Solidarität. Und das haben wir natürlich gewusst, und es war kein Grund, dass man deswegen den anderen Krieg erklärt. Glücklicherweise war damals Deutschland noch nicht in den Vereinten Nationen, das hätt und nicht genützt, nicht. Wir waren ja lang vor den Deutschen drinnen. Ich hatte ja seinerzeit, dann später die Ehre, als Mitglied des Sicherheitsrats, die Deutschen aufzunehmen, das war eine gewisse Genugtuung, ja. [Schweitzer: Ah, das war wie Sie ...] Das war eine gewisse Genugtuung, da haben einmal die Deutschen einmal zu zittern ding halt. Na gut, aber jedenfalls dadurch waren wir, war nicht dieses okay, jetzt kommt der deutsche Block oder so was, net. Also wir waren damals, waren nicht belastet mit der deutschen Hypothek. Wir waren sozusagen der erste deutschsprachige Staat in den Vereinten Nationen, die Schweiz hat es auch noch nicht gegeben. Und dadurch war nicht, dass die gesagt haben, schauts her, die werden von den Deutschen irgendwie, net. Also Österreich war damals schon was anderes, net.
Schweitzer
Und hat ja auch vor allem auch durch die Reden, an denen Sie allen mitgeholfen haben, aber die haben ja schon durchaus Eindruck auch gemacht. Diese Reden, die Kreisky gehalten hat.
Jankowitsch
Sicher, bitte wobei, schauen Sie, es war natürlich dann, es war ja eine regelrechte Redeschlacht. Das ganze hat sich dann abgespielt im Special Political Committee, da war ein eigenes Team und so, und das war nicht eine der großen Tribünen der Weltpolitik, nicht. Aber natürlich, wenn zwei Außenminister gegeneinander angetreten sind, das war schon, war schon spannend. Und das waren zum Teil auch dann Nachtsitzungen, nein net, net, die Reden haben wir in der Nacht gemacht, das war schon normal, aber es hat schon eine Zeit lang gedauert, bis das so hin und her geht, und so net. Und die Italiener haben das immer wieder versucht das zu torpedieren, nicht, und ich glaub so eine ziemliche Woche hat das gedauert, net. Und dann kam eben alles zu einem guten Ende. Aber wie gesagt, das war von der Innenpolitik her, war das eine totale Unterstützung, nicht, es gab da keinerlei Kritik, im Gegenteil, nicht, das war eigentlich nur Applaus.
Schweitzer
Ich mein im Vorfeld von diesen UNO-Gängen, gab es ja dann durchaus diese Diskussionen mit den Südtirolern, die noch eher ein Selbstbestimmungsrecht forderten, und wo Kreisky immer gesagt hat, das ist nicht realistisch, irgendwie also, eine Autonomie ist das höchste der Gefühle, das man erreichen kann. Können Sie sich da an Diskussionen mit den Südtirolern erinnern?
Jankowitsch
Eigentlich nicht. Na, also das ist, das Thema ist nicht ... Na schauen Sie, es ging ja darum, in erster Linie überhaupt einmal einen Verhandlungsprozess mit Italien einzuleiten. Natürlich war klar, dass das Ziel kann nur, das Maximum ist Autonomie, net. Dass man sozusagen für die Südtiroler Selbstbestimmung durchsetzt, war aussichtslos. Aber, ähm, ich kann mich nicht erinnern, ich glaube nicht, dass da von Südtiroler Seite irgendwelche Bedenken geäußert wurden, man muss gleich so, so auf die Selbstbestimmung. Das war ja dann erst viel später, da bei der, bei der, 1969, net, diese große Auseinandersetzung Brugger - Magnago, nicht, ob man diese Form der Lösung annehmen soll. Aber damals ging's in erster Linie darum, wie kann man Italien wieder an den Verhandlungstisch bringen, und damit sozusagen auch das Ganze internationalisieren, nicht. Das war ja das, was versucht haben die Italiener abzubiegen, haben gesagt, nein das ist eine interne Angelegenheit, nicht, und da gibt es nichts zu verhandeln. Aber bei der zweiten Resolution waren sie dann gezwungen, sie mussten sich mit uns wieder zusammensetzen, und das hat halt eben gemündet in diesem ersten Kreisky-Saragat, nicht, der ja praktisch hätte er einen [???] Abschluss möglich gewesen, nur es haben die Südtiroler gesagt, na, das ist zu wenig abgesichert, und so weiter und so fort, und sie wollen noch mehr, und ich mein, der Benedikter und der Magnago waren ja beide sehr, ähm, also wirklich hervorragende Juristen, und haben sicher auch viele Detaile auch noch hineinbringen wollen. Und da hat das halt gefehlt, und das hat gefehlt. Ich hab ja dann später auch so Südtirolverhandlungen gemacht als Außenminister und Parlamentarier, net, und es war ein riesen Theater mit dem Magnago, weil der hat dann aus der Tasche gezogen alle möglichen Geschichten, und das brauch ma noch, und das brauch ma noch. Okay, es war ja in Ordnung, er wollte also wirklich eine umfassende Autonomie, und wir hätten vielleicht da noch ein bisserl geschleudert bei dem einen oder anderen, nicht. Und, und, aber dadurch, aber, wie gesagt, diese Art der Diskussion hat es damals nicht gegeben, es ging wirklich nur um den Durchbruch, Verhandlungen mit Italien, nicht, sozusagen, dass Italien anerkennt, Österreich als Verhandlungspartner anerkennt, damit indirekt auch, dass wir Schutzmacht sind. Das hat dann der Craxi ein paar Mal auch dann öffentlich anerkannt, dass wir sozusagen, dass wir diese Schutzmachtfunktion haben, net, weil das haben ja die Italiener bestritten. Und das hat eigentlich, das ist das große Verdienst eigentlich vom Kreisky, dass er das durchgesetzt hat, nicht.
Schweitzer
Jetzt waren ja zwischen der ersten und der zweiten UNO-Resolution die Bombenanschläge in Südtirol irgendwie, also diese so genannte Feuernacht, mit den Verhaftungen, mit den Folterungen und so weiter. Können Sie sich da erinnern, hat das dann bei der zweiten Resolution eine Rolle ...
Jankowitsch
Ja, ja, natürlich, das war ein Thema, das war ein Thema, nicht, das wir gebracht haben, wir haben auch diese, diese Folterungen und so weiter natürlich thematisiert, die Italiener haben natürlich den Terror in den Mittelpunkt gestellt. Also es war natürlich nicht hilfreich für die Verhandlungen. Andererseits war eben offenbar, hat da irgendwas gebrodelt in Südtirol, und das ist, das ließ sich auf diese Art nicht kontrollieren. Wobei, ich muss bis heute, ich bin also auch, hmhm, eigentlich nicht davon überzeugt, dass der Kreisky das gewusst hat. Ich mein, er war natürlich in Verbindung mit allen möglichen Gruppen in Südtirol. Es war ja die unglaublichsten, es war ein ununterbrochener Pilgerzug zu ihm nach Wien und so, und es kann schon sein, dass auch der eine oder andere einmal von ihm empfangen wurde, es gibt auch Memoiren, ich glaube vom, wie heißt er da [Schweitzer: Der Molden.] Na, ich hab das eh da irgendwo noch, also wurscht, also von dem, vom, na, der, der, seine Tochter ist heute noch im Südtiroler Landtag [Schweitzer: Ah, vom Klotz.] Vom Klotz, der Klotz, glaub ich war sogar einmal bei ihm oder so was ähnliches. Aber, das war eben sozusagen ein Versuch, Kreisky zu munitionieren, ihm die Lage der Südtiroler vor Augen zu führen, nicht. Aber was die Italiener dann nicht dort, aber subkutan immer behauptet haben, der Kreisky hat das irgendwie inszeniert, das ist ja lächerlich. Er hat das natürlich, er hat das nicht wirklich, er hat nicht gewusst genau, was sich da abspielen wird, er hat schon gewusst, irgendwas ist da im Busch. Aber andererseits wär es ja auch gar nicht sein Interesse gewesen, mitten in einem Verhandlungsprozess so was aus ... Andererseits hat das natürlich wieder auch gezeigt, international, net, halt, da ist irgendwas nicht in Ordnung in dem Land, wenn solche Dinge vorkommen, zeigt das, dass doch eine sehr starke Strömung ist, nicht, in Richtung Autonomie. Und also in dem Sinn, auf längere Sicht war das sicher hilfreich, auf kürzere Sicht eher nicht, weil ja natürlich die Italiener dann mit dem da gekommen sind. Und wir haben gesagt, passts auf, ihr tut die Leute foltern und so, net. Also das war, aber das hat dann letztlich die Dinge nicht wirklich beeinflusst, net.
Schweitzer
Also, ich find das jetzt spannend, weil Sie sagen, es war für die Verhandlungen nicht hilfreich. [Jankowitsch: Nein sicher nicht.] Weil es gibt durchaus auch Meinungen, die sagen, also jetzt zum Beispiel in Südtirol, die haben alle gemeint, das hat durchaus geholfen diese ...
Jankowitsch
Ich sag ja, auf längere Sicht, wissen Sie, auf längere Sicht [Schweitzer: Und diese Aufmerksamkeit.] Die Aufmerksamkeit, wenn man die Dinge dann auf längere Sicht angesehen hat, aber unmittelbar, das war im Juni 1961, zwei Monate später war es wieder bei den Vereinten Nationen. Da war noch eher der Eindruck Terror und, und, ich mein es ist ja niemand umgekommen, sie haben ja nur ein paar Masten gesprengt und so, also so schlimm war das ... Es waren natürlich dann so andere Zwischenfälle schon auch dort und so. Aber, aber, das hat natürlich, im ersten Moment war das sicher nicht hilfreich. Auf längere Sicht haben die Leute dann gesehen, halt, da tut sich doch irgendwas, wenn man sich so was betrachtet, nicht. Und, daher ist das sicher nicht, aber es hat wie gesagt, also, man hat das sozusagen abgefangen.
Schweitzer
In der Folge von diesem zweiten, der zweiten Resolution, hat es ja dann Verhandlungen, haben Verhandlungen begonnen. Da gab es zum einen dann diese bilateralen Verhandlungen, bei denen waren Sie sicher auch dann dabei, oder?
Jankowitsch
Nein, ich war eben nicht mehr dabei, weil ich bin ab 1962, war ich ja in London, net, ich bin Anfang 1962 weg. [Schweitzer: Okay, da waren Sie dann gar nicht mehr dabei.] Da hätten Sie fragen können, der ist leider auch gerade gestorben, den Botschafter Hinteregger, der war mein Nachfolger. Ich hab dem Kreisky den Hinteregger empfohlen als Nachfolger, und der hat, der hat einmal Memoiren geschrieben, vielleicht steht da irgendwas drin. [Schweitzer: Muss ich einmal schauen.] Und, also ich war aber, ab Anfang 1962, war ich dann nicht mehr dabei, und da war natürlich alles viel später dann, net. Und bis, bis zum Saragat hin. Wobei, also soweit ich das überblicke, bis damals, Südtirol war aber auch dann innenpolitisch kein besonderes Thema, also sozusagen, dass man den Kreisky angegriffen hätte deswegen, nicht. Er ist wegen tausend anderen Sachen angeschossen worden, aber dann [???] dann ist die große Debatte ausgebrochen, warum sind wir nicht bei der EWG und so, da haben wir eine Menge so Polemiken gehabt hin und her, nicht. Aber Südtirol kann ich mich nicht erinnern, dass ihn da irgendjemand angegriffen hätte. Also das heißt, es war, der nationale Konsens war da. Und er hat das sehr geschickt natürlich auch, ähm genützt, hat sicher auch seinen Tiroler Parteifreunden geholfen damals, damals war die SPÖ-Tirol ja noch viel größer wie heute, weil da sind sie auf 15 Prozent, aber damals eine starke Partei und so. Eben auch, weil sie in Südtirol, da waren sie, da war ein sehr aktiver Südtirolabgeordneter aus Tirol, der eh da mit war bei diesen ganzen Verhandlungen, der hat sich sehr auch für Südtirol noch stark gemacht, aber das kann man nachlesen in dem ganzen, in dem ganzen ding da. Nein, ich werde mir das mit Interesse zu Gemüte führen.
Schweitzer
Ähm, ich wollte jetzt grad einen Sprung machen, und dann ist mir eingefallen, dass Sie ja eben auch gesagt haben, Sie haben den Egmont Jenny ganz gut gekannt. [Jankowitsch: Ja, ja, sehr gut gekannt.] Und mit dem dann auch doch zu tun gehabt. Wie haben Sie den das erste Mal kennen gelernt, oder ...
Jankowitsch
Na ich hab ihn kennen gelernt, eher später erst, wie gesagt, ich war ja dann in London und dann in Afrika und so weiter und so fort, und, also, da war nur so ein sporadischer Kontakt. Und ich war dann nach meiner, dann war ich in New York und alles Mögliche, und wie ich zurückgekommen bin aus, das zweite Mal aus Paris, bin ich dann in den Nationalrat gekommen. Und wurde internationaler Sekretär der SPÖ, das war dann aber schon 1983/84. Und, was der Kreisky noch irgendwie sehr gut geheißen hat und so, und, er hat gesagt, ja, wir machen dich zum internationalen Sekretär und ... Und damals, wie gesagt, es war sozusagen eine feststehende Politik der SPÖ, wir versuchen da sozialdemokratische ... Und der Jenny war damals Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Südtirols, der Dietl, der ist schon irgendwie verloren gegangen, war schon gestorben oder irgendwas. [Schweitzer: Der Dietl war zu dem Zeitpunkt schon ...] ... war schon gestorben, ja. Und sie hatten noch einen Sitz im Landtag. Und dann 1983 waren Landtagswahlen in Südtirol, und ich bin hinunter gefahren zu einer sehr schönen Wahlversammlung, da sind eine Menge Leute gekommen, in Gries war das da in Bozen, und er Jenny hat da so, und das war, wie gesagt, eine ganz eine interessante Veranstaltung, er hat ein bisschen versucht auch so interkommunal mit Italienern und so, was in Südtirol ja immer schwierig war. Und, also, die Wahlversammlung war sehr schön. Was mir dann später erst aufgefallen ist, die meisten die gekommen sind, sind aus dem Vinschgau gekommen, aber das war immer so eine ziemlich linke dings in Vinschgau, und da war eben auch die SFP, die eine Zeit lang, die waren ja auch hauptsächlich Vinschgauer. Aber wurscht, dann waren die Wahlen, was war das Ergebnis, ein Prozent. Was ist passiert? Damals war die große Zeit vom Alexander Langer, der die erste wirklich interethnische Partei geschaffen hat in Südtirol, die sehr eingeschlagen hat, die Rechte war damals noch nicht so stark wie jetzt, momentan sind die ja in schwindelerregenden Höhen, das ist ja fürchterlich. Aber das ist ein anderes Kapitel. Also jedenfalls er ist zerrieben worden zwischen den, zwischen den Grünen, den aufsteigenden Grünen, der übrigens ein toller Bursch war der Alexander Langer, ich hab ihn dann später kennen gelernt, er hat sich leider aus unerklärlichen Gründen ..., aber gut und, also, das war sehr schlecht. Und ich habe daher dann, ich war mit dem Jenny immer in Verbindung natürlich, und hab ich gesagt: "Du Egmont, da werden wir leider was anderes machen müssen, weil die SPÖ ist eine große Partei, wir brauchen Zugang zu anderen großen Parteien in Südtirol, und jedenfalls zur SVP." Und dann war irgendwann so eine Südtirolverhandlung, das war also immer in regelmäßigen Abständen, ich hab daran teilgenommen als Parlamentarier. Da bin ich zum Magnago hingegangen, hab gesagt: "Herr Landeshauptmann, ich würde gern einmal Sie besuchen und einmal reden über die Beziehungen zur SPÖ." - "Ja kummans, kummans, kummans." Und bin dann also eine gefahren nach Bozen, und hab also offizielle Parteibeziehungen aufgenommen mit der SVP, die sich ja immer als Sammelpartei erklärt hat, nicht, die es nur nicht immer so furchtbar ernst genommen hat. Es gab schon damals einen kleinen Arbeitnehmerflügel, und ich hab dem Jenny das dann erklärt, ich hab ihm gesagt "du Egmont", weil die SFP hat sich doch aufgelöst praktisch, nicht, "wir brauchen einen Ansprechpartner in Südtirol". Und hab das dann also auch weitergeführt, wir haben dann in der Zeit, solange ich internationaler Sekretär war, jedes Jahr so Südtirolseminare gemacht, die SPÖ, haben also alles zusammengeschabbelt dort, was es halt an Linken und Oppositionellen gegeben hat, aber auch mit der SVP, da Magnago hat uns immer empfangen, der Durnwalder und so weiter. Und so hat sich halt eine andere Beziehung entwickelt. Und, aber eben aus der Überlegung heraus, für die SPÖ als große österreichische Partei, man kann nicht also das nur der ÖVP überlassen, und zwar nicht nur aus parteipolitischen Gründen, sondern ganz einfach weil man Interesse hat an Südtirol. Aber das war, das war schon in der Postkreiskyära.
Schweitzer
Ja gut, aber das beruht natürlich auf der Politik von Kreisky.
Jankowitsch
Aber natürlich sozusagen eher das Interesse, nicht, und die Idee, dass man in Südtirol politisch Fuß fassen muss, das war sicher von ihm, nicht. Wir haben es dann nur auf eine andere Art durchgeführt, net.
Schweitzer
Ich meine, es wurde dann ja diese Arbeitnehmerfraktion innerhalb der SVP gegründet.
Jankowitsch
Die gibt's immer noch, die gibt's ja immer noch, das ist auch zum Teil dann die Reaktion der Südtiroler Volkspartei auf das Interesse der SPÖ, um zu verhindern, dass wir da eine eigene Partei. Aber ich sag Ihnen, das hätte, also bitte vielleicht heute, aber das war damals war das ganz eindeutig, es war das Grundgesetz der Politik in Südtirol war das Ethnische. Wenn du nicht bei der SVP warst, aussichtslos. Da waren eben so kleine Randgruppen, die Klotz und so, bitte schön heute sind die Freiheitlichen da [???], aber das ist irgendwie eben zum Teil, weil die schon zu lange an der Macht sind. Aber damals war das ganz aussichtslos, hat man eben immer nur das am Rand erreicht, nicht, aber das Zentrum hat man nur erreicht, wenn man mit der SVP in Verbindung war, und da hat man, wie gesagt, dadurch ist dann der Arbeitnehmerflügel, der eine Zeit lang sehr stark war, die sind im übrigen auch heute noch zwei Regierungsmitglieder, einige Landtagsabgeordnete, das letzte Mal haben sie ein bissel abgebissen net, die Arbeitnehmer. Also das ist eine sehr starke Gruppe.
Schweitzer
Also der Vorsitzende von der SVP, [Jankowitsch: Der Theiner] der ist ja auch Arbeitnehmer.
Jankowitsch
Sind Sie Tirolerin? [Schweitzer: Südtirolerin.] Ah, Sie sind Südtirolerin. [Schweitzer: Ich bin aus demselben Dorf wie der Theiner Richard.] Ja was erzähl ich Ihnen? Na ich kenn den Theiner natürlich, ich kenn alle [???]. Und, also, ah, aber das ist halt, wobei ich ja wieder sagen muss, das sind zum Teil echte Sozialdemokraten, nicht, was weiß ich, der Otto Saurer und solche Leute, das waren prachtvolle ding, und die sind zum Teil heute stärker wie die Nordtiroler, net. Wobei, ich waß net, momentan, das wird man sehen nach den nächsten Landtagswahlen, die sind ja im Herbst irgendwann. [Schweitzer: Die sind im September, ja.] Übrigens, na am Sonntag ist das glaub ich ... [Schweitzer: Am Sonntag ist die Wahl, ja]. Aber Sie sind schon italienische Staatsbürgerin noch? [Schweitzer: Ich bin eine italienische Staatsbürgerin.] Ah Sie können dort auch wählen?
Schweitzer
Ich kann dort wählen, ja. Also jetzt bei der Wahl am Sonntag nicht, weil da muss man SVP-Mitglied sein, aber ich könnte im Herbst theoretisch wählen, aber es gibt noch kein Wahlrecht, also Briefwahlrecht, das heißt ich müsste rein fahren.
Jankowitsch
Und aus welchem Dorf ist der Theiner, das weiß ich gar nicht?
Schweitzer
Aus Latsch, eh auch aus dem Vinschgau. [Jankowitsch: Wo ist das? Ah Vinschgau, siehst, einen gewissen Riecher kriegt man schon mit der Zeit.] Und wie war dann Ihre Zusammenarbeit mit diesem Arbeitnehmerflügel?
Jankowitsch
Sehr gut, sehr gut. Sie waren am Anfang ein bisserl, ich kann mich erinnern meine ersten Gespräche mit dem Fransnelli, der war damals [???], waren ein bissel dings, wobei der Frasnelli ist dann später der SPÖ beigetreten, aber der ist heute ja weit weg von uns, ich weiß nicht was er macht der Hubert. Aber nein, nein, sehr, sehr gut und jetzt momentan ist es überhaupt, ich mein, ich bin immer noch so eine bissel der Vertreter der Arbeitnehmer in Wien, wenn sie irgendwas brauchen, rufen sie mich an und so weiter. Ich weiß nicht, kennen Sie den Gufler? Der jetzige Obmann, das war der ehemalige Bürgermeister von Lana. [Schweitzer: Aha, na der sagt mir jetzt nichts.] Der ist jetzt, sie haben ja so eine interne Parteistruktur, und da ist der Gufler der Obmann, der [???] und die Sabine Kasslater Mur und dann der Theiner sind in der Landesregierung, aber früher waren einmal drei sogar. Die sind bei der letzten Landtagswahl, haben sie leider ein bissel verloren, überhaupt die ganze SVP, nicht. Wobei jetzt haben sie bei den Landtag-, bei den Kammerwahlen haben sie wieder jemand durchgebracht und zwar ein Frau ist jetzt, ich weiß nicht, die heißt Gebhard oder so ähnlich. [Schweitzer: Ich kenn diese auch alle net.] Es ist jedenfalls eine Arbeitnehmerin, die ist auch in der Kammer, in der römischen Kammer, und sie haben drei, glaub ich, haben sie drinnen.
Schweitzer
Weil das war ja die Initiative vom, vom Theiner Richard, quasi ein Koalitionsübereinkommen mit Bersani [Jankowitsch: Ja, ja, haben sie gemacht.] und dadurch, also Südtirol hat noch nie so viel Abgeordnete in Rom sitzen gehabt wie jetzt.
Jankowitsch
Gut das war schon in der letzten Periode, weil natürlich mit dem Berlusconi, das war nix. Ich mein, ideologisch hätten sie sich verstanden, aber die waren so autonomiefeindlich. Wobei besonders bös waren sie natürlich auf den Monti, weil der hat natürlich versucht auch Südtirol einzusparen, aber gut, das ist ihm nicht gelungen.
Schweitzer
Ich würd ganz gern noch einmal auf diese späten Sechzigerjahre zurückkommen, also da waren Sie ja doch wieder bei Kreisky, damals dann in der Opposition. Es wird ja in der Literatur immer gesagt, Kreisky hat nach diesem Scheitern seiner Verhandlungen mit Saragat, nachdem das nicht angenommen worden ist, sich ein klein wenig vom Südtirolthema zurückgezogen. Gleichzeitig ist das aber schon diese Zeit, wo dann die Abstimmung in Meran war.
Jankowitsch
Ja, ja, na ja, und da kam dann eben diese, diese, der Operationskalender ist ja beschlossen worden damals, den haben sie in Kopenhagen, der Waldheim mit dem Moro glaub ich sogar. Und, ja schauen Sie, er hat überhaupt grundsätzlich, in dem Moment wo er Parteivorsitzender war, hat er generell außenpolitische Themen, also nicht vermieden, er wurde natürlich ununterbrochen eingeladen zu irgendwelchen Vorträgen in Europa und so, aber er hat auch im Nationalrat eigentlich kaum gesprochen zu außenpolitischen Themen, absichtlich, weil er wollte sich ein anderes Image zulegen. Man hat gewusst, Kreisky war ein großartiger Außenminister, er wollte jetzt als Wirtschafts- und Sozialpolitiker akzeptiert werden. Und besonders als Parteiführer natürlich, kannst du ja nicht mit der Außenpolitik die Wahl gewinnen. Und daher hat er sich von vielen außenpolitischen Themen zumindestens nach außen zurückgehalten. Natürlich das Interesse war natürlich da, und er hat sich weiter damit beschäftigt und die Leute, die Botschafter sind ein- und ausgegangen bei ihm, aber er hat sozusagen diese, diese zum Teil auch, um nicht sozusagen den Eindruck zu erwecken, ich bin bös, dass ich nimmer Außenminister bin, ich tu meine Nachfolger kritisieren. Also das ist zum Teil, eine zum Teil sehr honorable, republikanische Tradition, dass man net versucht jetzt sozusagen als Besserwisser. Und daher gibt es auch zu Südtirol kaum Stellungnahmen damals. Der Südtirolsprecher, oder wer sich sehr darum engagiert hat, war der Gratz, der hat sich dann sehr dafür interessiert, der hat dann zum Teil auch diese Parteigründungen, also der war Zentralsekretär bevor er in die Regierung gekommen ist. Der Poldi hat dann in den späten Sechzigerjahren diese Parteigründung weiter betrieben, und eine Zeit lang haben sie sogar einen abgestellt aus der Zentrale in Innsbruck, der hat in Bozen gearbeitet und so. [Schweitzer: Wirklich?] Ja, ja, ein gewisser [?Gräber] oder wie der geheißen hat. Na gut, weil die haben keine Infrastruktur gehabt, nicht, und da sind unglaubliche Sachen gemacht worden. Zum Beispiel der ÖGB hat eine eigene Buchhandlung gegründet. Weil wir haben denen gesagt, schauts Leute, wenn ihr so was aufbauen wollts, dann brauchts ihr eine Infrastruktur, Gewerkschaften waren natürlich nicht so stark, weil der ASGB war nicht sehr ding, Banken, und also die BAWAG hat aber dann glaub ich nicht, man wollte, dass die BAWAG eine Filiale errichtet in Bozen und so, aber der ÖGB hat zum Beispiel eine Buchhandlung. Also man hat ein bissel versucht so in diese Richtung. Da war aber eigentlich die treibende Kraft der Gratz. Und Kreisky war natürlich durchaus informiert und wusste davon, aber er hat sich dann wirklich nicht mehr so stark engagiert und auch in der großen Südtiroldebatte, da war der Redner der Gratz, der Hauptredner, ich weiß nicht wer sonst, aber jedenfalls. Also das war, aber das war zum Teil nicht nur weil er sozusagen das Interesse verloren ... Ich mein, er war schon gekränkt, das ist keine Frage, das haben die Südtiroler auch gewusst, weil er vermutet hat, dass das aus parteipolitischen Gründen war. Man wollte einem Sozialdemokraten, er hat vermutet, dass man einem sozialdemokratischen oder einem sozialistischen Außenminister damals diesen Erfolg nicht gönnen will. Und das hat ihn, da hat der Magnago in unzähligen Gesprächen mir immer wieder gesagt, na, na, wir [?halten was] von Kreisky, dann wie gesagt. Aber wissen Sie, das hat in den Sechzigerjahren dann eigentlich keine große Rolle mehr gespielt.
Schweitzer
Ähm, ich denk jetzt drei Sachen gleichzeitig, [Jankowitsch: Bitte schön, ja.] drum war jetzt eine kurze Pause irgendwie, aber. Wie wurde denn dann diese Diskussion, also quasi die Abstimmung, die ein ganz, ganz knappes Ergebnis für, für das Paket ergeben hat, das wurde ja sicher auch wahrgenommen.
Jankowitsch
Sicherlich, ja. Wüsste ich nicht, also könnte ich nicht sagen. Aber er hat das sicher mitverfolgt. Aber, aber man hat, wie gesagt, man hat das dann nicht mehr so verfolgt, dann on a daily basis. Es ist auch, schauen Sie, für eine Oppositionspolitiker, ich mein, er hat, Südtirol war an und für sich kein, kein Thema, wo man sich in den Haaren gelegen ist. Er hat die Regierung kritisiert aus anderen Gründen. Aber damals gab es diesen versuchten Alleingang, solche Geschichten, nicht. Aber, noch einmal, er hat bewusst sich von außenpolitischen Themen fern gehalten, um sich auf anderen Gebieten zu profilieren. Und daher werden Sie in der ganzen Zeit, wenn Sie sich seine Reden anschauen im Nationalrat, sehr wenig. Also er hat, weiß ich, immer die Budgetreden gehalten, und hat also die Finanzminister hingstrat, soweit er konnte. Also das war sozusagen sein Versuch, und er hat ja dazu eigentlich sehr wenig gesagt. Und ich kann mich auch intern nicht erinnern, dass wir über das sehr viel geredet haben, Südtirol. Ich müsste einmal, ich mein ich hab so hie und da so ein paar kleine Aufzeichnungen gemacht, hie und da. Und, aber Südtirol war eigentlich dann kein Thema mehr. Nein, seine große Zeit war 1960/61, das ist ganz klar.
Schweitzer
Ich war jetzt am Montag beim Dr. Franz Matscher. [Jankowitsch: Ja, ja, den gibt es auch noch.] Den gibt es auch noch. Mit dem hab ich geredet, und der hat halt gemeint, es gibt dieses Gerücht, dass die SPÖ gegen das Paket gestimmt hat damals im Parlament, so quasi als Retourkutsche, weil dieses ...
Jankowitsch
Na ja gut, sicher war das ein Motiv, sicher, nicht, sicher. Gut das war natürlich überhaupt, man wollte die ÖVP, die ÖVP-Regierung möglichst wenig unterstützen, und er hat dabei sicher. Wobei ich war damals, obwohl ich Sekretär war des Parteivorsitzenden, ich habe, ich durfte nicht teilnehmen an Klubsitzungen, weil der Kreisky und der Pittermann waren spinnefeind, und wenn der Pittermann mich gesehen hat, hat’s ihm die Haare aufgestellt und so. Also ich wusste nicht, vielleicht ist im Klub darüber geredet worden, das kann sein. Aber es war sicher, bitte das ist kein Gerücht, das kann man sich, das ist ganz eindeutig, dass da keine große Geneigtheit war, denen jetzt einen Erfolg sozusagen zu dokumentieren, zu attestieren, den sie uns selber vermasselt haben. [Schweitzer: Wofür sie gar nichts können.] Wobei, man kann natürlich dann streiten, die Wissenschaftler, die Kreisky-Saragat Lösung hat natürlich gewisse, also keine Schwächen, aber war halt nicht so stark ausgeprägt wie der Operationskalender und Paket. Dazu kam noch dazu, dass eben, wie gesagt, durch die Beharrlichkeit vom Magnago und zum Teil vom Benedikter, so lange er da in der selben Partei war, ist das natürlich immer mehr angereichert worden dann, es ist dann bald zum Schluss viel mehr, als das ursprünglich vereinbart war. Aber gut, das war das Verhandlungsgeschick und die Beharrlichkeit der Südtiroler, und da haben sie schon recht gehabt.
Schweitzer
Es hat ja dieses Südtirolthema dann immer noch eine Rolle gespielt, wie Sie dann Außenminister waren, weil ich mein die Streitbeilegung ist ja dann erst viel später gekommen, und irgendwie quasi Paket dann abgeschlossen. ((Das Telefon läutet))
Jankowitsch
Da ist eine wirklich lästige Person, a na wart, das ist meine Frau. Ja hallo, wie geht? ... Ah sehr gut, sehr gut. ... Ah sehr gut, du [?Rosa] ich bin grad, da ist ein Interview grad, können wir so in einer halben Stunde sprechen? ... Ja, kannst du. ... Ja könnten wir machen, ja ... ja, ja. Ja fahr zu mir, ja, ja das ist das Gescheiteste. Okay, mach ma das so, ja, okay, ciao, ciao. Ja.
Schweitzer
Kein Problem, ich wollt jetzt eigentlich auf Pause schalten, weil ich mir gedacht hab, das muss nicht drauf sein, aber ich find keine Pausetaste. Das werde ich aber dann nachträglich löschen. Ja eben, wie Sie dann Außenminister waren, und wie Sie dann noch mit diesen Südtirolagenden ...
Jankowitsch
Ja gut, ich hab ein paar Südtirolbesprechungen gehabt mit Magnago und dem Wallnöfer, der Wallnöfer war damals noch Landehauptmann. Nein, wir haben das versucht so ein bissel weiter zu bringen, also es waren keine, es waren keine wirklich dramatischen Momente, es ist eigentlich schön weitergegangen, nicht. Und wir waren allerdings noch ziemlich weit vom Abschluss. Und der Abschluss hat sehr dann eigentlich profitiert von zwei italienischen Politikern, mit denen ich übrigens beide sehr gut war, und zwar vom Andreotti und vom Gianni de Michelis. Der Gianni de Michelis war ein intimer Freund von mir damals auch, und, aber das war dann schon später. Ich war ja dann wieder im Parlament, und ich war dann Vorsitzender im Südtirolunterausschuss, wie wir die Streitbeilegung gemacht haben, das war dann 1992, muss das gewesen sein. Und da war ich dann wieder im Parlament. Aber wissen Sie, ich hab im meiner Außenministerzeit eigentlich mit Südtirol, ja, es ist weitergelaufen, ich hab einmal ein bilaterales Treffen gehabt mit dem Andreotti, in Florenz haben wir uns getroffen, wenn ich mich erinnere. Und, aber es ist gut weitergegangen, es waren keine, es waren keine Stolpersteine. Es hat natürlich das Problem, war natürlich, das auch damals die Regierungen sehr viel gewechselt haben. Aber sehr positiv war der Craxi, der hat uns sehr geholfen, und, weil der eingesehen hat, das hat keinen Sinn, wenn wir da herumtun mit den Österreichern, wegen der paar Südtiroler. Und, also jedenfalls, das war sozusagen eine, eine stille, aber sehr produktive Periode, wo eben immer wieder ein bissel was dazugekommen ist und so, der Magnago hat dann seine langen Reden gehalten, das war immer sehr lustig. Ich mein, die Südtiroler sind ja, ich erzähle Ihnen natürlich nichts Neues, sind ja schon ein bissel von den Italienern geprägt. Sie haben, also der, der, erstens ein Mal, was kein österreichischer Politiker macht, die reden mit den Händen alle. [Schweitzer: Stimmt.] Ist Ihnen das schon aufgefallen, gell, die tun so wuhhhh mit die Händ, machen so, ich weiß nicht, warum sie das haben, und das zweite ist, also das waren zumindest so Leute wie der Magnago, sie sind sehr advokatorisch. Also mit unglaublichen Argumenten, zum Teil spitzfindig, nicht, aber recht geschickt, und treiben dich da in die Enge in jeder Weise. Aber das machen sie sehr gut, aber natürlich sozusagen, sie haben die Italiener mit ihren eigenen Waffen geschlagen. Die konnten natürlich alle gut italienisch. Und, aber wie gesagt, das war in meiner Zeit eigentlich keine, keine Krise, und es ist normal gelaufen, wir haben irgendwann so eine schöne Südtirolsitzung gehabt, ich glaub sogar in Lienz, irgendwo, na wurscht, jedenfalls es war nichts, nothing to write home about. Und ich war ja an und für sich nur 200 Tage Außenminister, weil ja in meiner Zeit dann die, die große Koalition wieder gekommen ist, und die SPÖ hat also das Außenamt abgegeben, und ich war daher, ich geh immer herum und sag, ich war der letzte sozialdemokratische Außenminister Österreichs, was leider wahr ist. [Schweitzer: Leider, ja.] Schändlicherweise, aber gut, that's another story. Na gut, kann ich noch irgendwas anderes Ihnen auf den Weg mitgeben?
Schweitzer
Mir fallt jetzt auf die Schnelle nichts mehr ein. [Jankowitsch: Aber Sie können mich ja anrufen, das ist kein Problem.] Ich wollt Sie fragen, ob ich eventuell noch einmal anrufen dürfte [Jankowitsch: Jederzeit, jederzeit, nein freu ich mich.] und vielleicht noch einmal kommen dürfte. [Jankowitsch: Ja sehr gern, oder wenn Sie noch einmal kommen wollen, kein Problem.] Weil das war jetzt sehr spannend, aber ich merk, viele Sachen fallen einem dann auch erst noch einmal ein, wenn man sich das durch anhört oder so. Wenn ich noch einmal kommen dürfte [Jankowitsch: Gerne, sehr gerne, kein Problem.] das wär sehr, sehr schön. Aber dann bedank ich mich einmal recht herzlich und ...
Jankowitsch
Und, wie gesagt, alles was ich da gesagt hab, ist eigentlich, kann man veröffentlichen.
Schweitzer
Super, das heißt wir können das dann auch irgendwie den Benutzern zur Verfügung stellen.
Jankowitsch
Es ist ja zum Teil auch schon bekannt natürlich.
Schweitzer
Aber trotzdem, Sie haben doch einige Einblicke geben können.
Jankowitsch
Ja so ein bisserl, ich sag, was ich beitragen kann sind ein paar so atmosphärische dings, nicht, weil wie gesagt, ich war nicht bei jedem Detail dabei, und ich mein, die wirklichen sozusagen substanziellen Verhandlungen, wie gesagt, damals wurden nicht in den Kabinetten gemacht. Es wurden wirklich die Fachabteilungen, so weit es sie gegeben hat, wurden verwendet, die Völkerrechtsabteilung hat eine große Rolle gespielt, der Kirchschläger natürlich, zum Teil der Verosta, war dann schon glaub ich emeritiert, aber hat eben, wie gesagt, mitgewirkt. Also sie haben alles aufgeboten, was es so an juristischem, völkerrechtlichem Sachverstand gegeben hat. Aber da war das Kabinett nicht eingebunden. Aber wie gesagt, man hat die Atmosphäre gemerkt, und dass es ihm wichtig war, das war sicher etwas, wo er, wo er ding, wo er aufgelebt hat.
Schweitzer
Also es wird ja in der Forschung dann schon immer diese These, die auch nahe liegend ist, irgendwie gebracht, dass Kreisky auf Grund seines persönlichen Hintergrunds [Jankowitsch: Sicher, Sie meinen weil er ein Jude war.] ja, genau, und natürlich auch ab 1934 verfolgt und dann im Exil, eine sehr großes Verständnis auch für Minderheiten gehabt hat [Jankowitsch: Sicher, das war sicher ein Motiv.] und dass das ...
Jankowitsch
Nein, er hatte, er hatte eine große Sensibilität gehabt für Flüchtlinge auch, er hat die unglaublichsten Leut oft aufgenommen, und das war sicher ein Motiv für ihn. Es hat ihn vielleicht auch gereizt, das kann schon sein, dass er jetzt, dass er sozusagen als Sozialdemokrat, als Sozialist denen zeigt, pass auf, so macht man das. Und ich mein, das war sozusagen einer seiner ersten großen außenpolitischen Erfolge, keine Frage.
Schweitzer
Und vielleicht auch noch als Nachfolger vom Tiroler Gruber, der irgendwie mit dem Pariser Abkommen ...
Jankowitsch
Ja, das auch, ja, ja. Ja, also das, vielleicht ja, dass er, das hat er vielleicht gar nicht so empfunden wie viele andere damals. Aber er wollte ganz einfach zeigen, schauts her, ich kann das auch. Also nicht um den Gruber eins auszuwischen, denn Gruber hat sicher das getan, was man konnte in der Situation. Das muss man sich vorstellen als Österreicher bei so einer Konferenz, nicht lustig, net. [Schweitzer: Na, na eh.] Ich meine man weiß, was der Renner in St. Germain und so, net, na lieber nicht. Also der ist, an und für sich nicht so schlecht das Abkommen. Und ich meine, wieder in seiner Vagheit wieder erlaubt es so viele Interpretationen, [Schweitzer: Das stimmt natürlich.] wenn das so genau formuliert wäre, wie die das, hätte er das nie zusammengebracht, und so haben sie es halt irgendwie ...
Schweitzer
Ich hab vielleicht doch noch eine letzte Frage, weil Sie sagen, eben Kreisky war jemand, der ein großes Verständnis für Minderheiten gehabt hat. [Jankowitsch: Ja absolut.] Gleichzeitig gab es dann doch auch in der Zeit die Diskussionen mit den eigenen Minderheiten. Und wenn man jetzt [Jankowitsch: Slowenen, ja.] zum Beispiel mit den Kärntner Slowenen.
Jankowitsch
Er hat's ja versucht, er hat's ja versucht mit dem Sima, und das ist ja leider ist das in die Hosen gegangen. Nein das war sicher auch, nein er hat sicher auch für die eigenen Minderheiten Verständnis gehabt. Und hat das ja probiert, vielleicht nicht in der letzten Konsequenz. Aber das war sicher etwas, wo er, wo er sehr sensibel war und hat sich da bemüht. Und, nein er hat also alles, was politische Verfolgung und, und er hat für unzählige Leute interveniert, was weiß ich, bis hinauf zum Sacharow und solche Leute. Der Sacharow hat mir einmal gedankt bei einer Veranstaltung in Moskau, was der Kreisky für ihn gemacht hat. [Schweitzer: Wirklich.] Na, also das war für ihn also keine, gut er war natürlich sehr geprägt von seiner Vergangenheit, er hat genau gewusst. Aber es war sicher auch, er war ja wie gesagt ein guter Sozialist, er hat ja genau gewusst, was sich gehört, was nur heute nicht mehr ganz so klar ist, aber ... Gut, dann danke ich für das nette Mitbringsel.